Saarland-Lese

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Unser Leseangebot

Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Über Werte und Tugenden

Florian Russi

Mehr denn je wird über die althergebrachten Werte und Tugenden diskutiert. Sind Tugenden und Werte Begriffe aus der Klamottenkiste oder bestimmen sie auch heute noch unser Handeln? 

Hans Herkes

Hans Herkes

Susanne Schwarz

Das Leben meines Vaters ist ein Plädoyer für Frieden aus der Kraft der internationalen Begegnung junger Menschen.

1941 Kommunion
1941 Kommunion

Geboren in Wehrden, heute zur Stadt Völklingen gehörend, wuchs er in den 30er Jahren auf (Leben an der Grenze). Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges war er 7 Jahre alt und lebte wie viele andere Jungs in sehr einfachen Verhältnissen mit seinen Eltern und seinem preußischen und verschlossenen Großvater (Meine beiden Großväter: der Saarländer und der Ostpreuße).

Den Krieg erlebte er zwischen Verunsicherung und Abenteuer (Kinderspiele - Kriegsspiele, So viel Geld hatten wir). Seine Schuhe waren die abgetragenen seiner Großmutter, zu seinen Pflichten gehörte das Hüten der Geiß. Mehrfach war sein Heimatort von Grenzkämpfen heimgesucht worden (Kleiner Frontverkehr im Dezember 1944, Silvesterfeuerwerk anno 1944). Es war wohl der Entschluss seiner Mutter, trotz Aufruf zur Evakuierung, das wahrlich vom Mund abgesparte eigene bescheidene Häuschen nicht mehr zu verlassen. (Das Haus, Sommer 1959) Hat ihm diese Erfahrung später geholfen, Unbill und Beeinträchtigungen stets geflissentlich zu negieren und daraus Kraft zu schöpfen? Ich weiß es nicht, aber sicher ist eines: Dass die Familie damals zu Hause geblieben ist, brachte gleich 2 Weichenstellungen für das weitere Leben meines Vaters. Im Nachbarort wurden die daheim gebliebenen Kinder gemeinsam vom damaligen Kaplan Rommelfanger unterrichtet. Für meinen Vater war es eine Offenbarung, als er nun Bücher zum Lesen mit nach Hause bekam. Das eröffnete ihm eine neue Welt. Zeit seines Lebens hat es ihm Freude bereitet, sich mittels Büchern Einblicke zu erschließen und in Gedanken zu reisen. Seine letzte virtuelle Reise hat er wenige Tage vor seinem Tod und in dessen Angesicht nach Paris unternommen (Eines alten Saarländers Wunschtraum).

1953 Paris
1953 Paris

Zugleich haben ihm die kriegerischen Monate im Nachbarort neue Zugänge zu gleichaltrigen jungen Leuten eröffnet. In diesem Umkreis lernte er auch seine spätere Frau kennen. Dieser engagierte Geistliche aus dem Nachbarort unternahm mit den jungen Leuten nach Ende des Krieges ausgedehnte Reisen mit dem Rad oder dem Zug (Romreise im Heiligen Jahr 1950, Sommer 1959).

So wie das Lesen ihm selbst den Horizont erweitert hat, so wollte auch er jungen Menschen behilflich sein, sich mit einem Rucksack voll Wissen auf zu machen und sich in der Welt umzuschauen. Seine Eltern ermöglichten ihm, das Lehrerseminar in Lebach zu besuchen (Das Staatliche Katholische Lehrerseminar in Lebach). Sein ganzes Berufsleben war davon geprägt, auch bei anderen diese Begeisterung für Geschichte, Geographie, die deutsche Sprache hervor zu rufen. Freilich ist ihm der Zugang zu jungen Menschen schwerer gefallen, als die letzten seiner Schülergenerationen schon einen sehr leichten Zugang zu Wissen hatten und in unreflektierter Selbstverständlichkeit in Wohlstand aufgewachsen waren. Dennoch pflegte er Zeit seines Lebens und auch bis in seine letzten Begegnungen einen manchmal überraschend offenen Umgang mit jungen Menschen, auch wenn sie Piercing trugen.

Auch in der Erziehung seiner 4 Töchter war ihm die Bildung das allerhöchste Gut. Da hing die Weltkarte über dem Esstisch, aus der Aufteilung des Mittagessens wurde eine mathematische Textaufgabe und Goethe, Schiller, Eichendorf und Stifter waren ständige Gäste im Haus. Er wollte aber mehr. Was ihm selbst in dem Maße nicht vergönnt war, nämlich die musikalische Bildung und das Reisen, haben sein Familienleben mit seiner Frau und seinen 4 Kindern geprägt. Da er das große Glück hatte, zum Ende seiner Lehrerausbildung 2 Semester in Paris verbringen zu können, war es Zeit seines Lebens die Liebe zu Frankreich, die die Wahl der Weine und der Urlaubsaufenthalte bestimmte (Dreimal Dreikönigskuchen). Seine Frau ermutigte ihn stets darin, sich trotz Familie weiter zu qualifizieren und seinen beruflichen Weg fortzusetzen. Sie war es auch, die ihm half, aus der virtuellen Welt der Bücher wieder den Fuß auf den Boden zu setzen und die Träume tatsächlich anzugehen und umzusetzen.
1989 Lehrer Herkes mit Klassenarbeiten
1989 Lehrer Herkes mit Klassenarbeiten
Was De Gaulle und Adenauer als Grundstein zur Neugestaltung der deutsch-französischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg anlegten, fruchtete nachhaltig in der Seele meines Vaters. Ohne eine Annäherung zwischen Bonn und Paris ließ sich das Haus Europa nicht bauen - so war damals die politische Auffassung - und so hat sie sich auch bewährt -. Am leichtfüßigsten geht dies über die Begegnung zwischen jungen Menschen. Die Aussöhnung zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern und das Erschrecken über den ausgrenzenden und vernichtenden Umgang mit jüdischen Nachbarn und Zeitgenossen, war für meinen Vater und meine Mutter in ihrem erwachsenen Leben ein fortwährend wichtiges Thema. Für meinen Vater war es Ausdruck des nicht fassen Könnens, was da in seiner Kindheit vor seinen Augen aber ohne sein Bemerken geschehen war, was ihm die Energie dazu gab, im Alter und trotz Krankheit und Schwäche über das jüdische Leben zu recherchieren und zu schreiben. (Isaak Tannenberg, Richard Kahn, Herta Friedemann geb. Kahn, Ein besonderer Gedenktag in Merzig am 6. November 2011, Bruder Servulus von St. Gangolf bei Besseringen, Peter Lorson SJ).
Hans Herkes mit seinem jüngsten Enkel bei der Friedenskapelle
Hans Herkes mit seinem jüngsten Enkel bei der Friedenskapelle

Es war dieses Streben nach Weltoffenheit, das uns unsere Eltern stets vermittelten, eine unbändige Neugierde auf andere Länder, andere Sprachen und andere Gebräuche. Freilich haben sie nicht geahnt, wie weit es ihre Töchter in die Welt hinaus führt. Eine Tochter hat sich den Südwesten der Türkei als Heimat gewählt und eine andere Tochter beherrscht das Reisen, so dass sie überall auf der Welt zu Hause ist. 

Endlich dann, als die Familienpflichten erfüllt waren, konnten sich meine Eltern einen lang gehegten Traum erfüllen, sie wurden auf ihre Weise Grenzgänger und suchten sich das Dreiländereck aus, um ihren Lebensabend zu gestalten und zu genießen. Da ist er wieder der rote Faden, Frankreich, Grenzen nur für den Einkauf von Honig und Ziegenkäse mal eben überqueren und diese Freiheit genießen. (Perl: ein bisschen Süden vor der Haustüre, Marienfloss bei Sierck-les-Bains). Ihre Enkelkinder sprechen französisch, englisch und türkisch, sie sind in der Welt zu Hause und kennen De Gaulle und Adenauer und die Friedenskapelle auf der Grenze bei Oberperl Merschweiller (Auf der Grenze oder Feldwache der Liebe).

 

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Fotos im Text: © Susanne Schwarz
Vorschaubild: Rita Dadder

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