Auf dem Gebiet der Münzprägung gab es 1932 noch eine weitere Besonderheit: ein 4-Pfennig-Stück, nach dem damaligen Reichskanzler Heinrich Brüning „Armer Heinrich" oder auch „Brüningtaler" genannt. Die Münze war nur kurze Zeit in Umlauf.
Im Saargebiet bezahlte man seine Sachen damals mit französischen Franken; so wird weder die eine noch die andere dieser beiden Prägungen meinen Eltern in die Hände oder auch nur unter die Augen gekommen sein. Als sie 1934 die Verwandten in Koblenz besuchten, hatten sie vermutlich vor der Reise Franken in Reichsmark getauscht.
Während der paar Tage, die sie damals am Rhein verbrachten, wird ihnen das eine oder andere 5-Mark-Stück durch die Finger gegangen sein, jene schöne große Silbermünze, deren Avers einen Saarländer nachdenklich stimmen konnte. Er trug die Umschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit" und zeigte eine Eiche mit prächtiger Krone, von der jedoch einige kleine Zweige abgerissen waren. Die „deutsche Eiche" symbolisierte das Deutsche Reich, von dem im Versailler Vertrag einige Gebiete getrennt worden waren, darunter das Saargebiet. Ob das meinen Eltern bewusst war, weiß ich nicht.
Der französische Franken war 1921 offizielles Zahlungsmittel im Saargebiet geworden, zunächst neben der Mark, ab 1923 allein. Er blieb es bis zur Saarabstimmung am 13 Januar 1935. Danach löste die in Deutschland geltende Reichsmark den Franken ab. Ungefähr sechs Franken tauschten die Saarländer gegen eine Mark.
Die kupfernen 1- und 2-Pfennig-Stücke und die 5- und 10-Pfennig-Münzen aus Messing sind die ältesten, an die ich mich erinnere. Wenn man als Kind für die Nachbarn kaufen ging oder andere Dienste verrichtete, bekam man ein oder zwei Pfennig geschenkt und war froh damit. Natürlich wurde man von den Eltern zum Sparen angehalten; eine Spardose stand im Küchenschrank.
Im Krieg wurde das Geld schlechter, nicht nur in dem Sinn, dass die Leute wegen der längeren Arbeitszeiten mehr verdienten, es aber wenig zu kaufen gab, sondern auch ganz handgreiflich. Weil das Kupfer für die Kriegsrüstung gebraucht wurde, prägte man die kleinen Münzen aus Aluminium. Sie waren grau und unansehnlich und verloren selbst in den Augen der Kinder an Wert. Gegen Kriegsende konnte man nicht einmal ein einfaches Schulheft nur mit Geld kaufen, man musste im Geschäft ein voll geschriebenes vorzeigen und abstempeln lassen.
Dass das Geld seinen Wert verloren hatte, sieht man daran, dass es selbst zum Spielzeug wurde. Statt mit den bunten Ton- oder Glasklickern - in anderen Gegenden heißen sie Murmeln - spielten wir mit Pfennigstücken. Auch Geschicklichkeitsspiele gab es, bei denen man eine Anzahl Münzen auf verschiedene Weise hoch warf und wieder aufzufangen versuchte, wodurch man sie gewinnen konnte.
Noch mehr als während des Krieges trat für die Erwachsenen in der unmittelbaren Nachkriegszeit der Tauschwert der Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände an die Stelle des Geldwertes. Mein Vater kam von einer Hamsterfahrt mit einem fast neuen Rucksack zurück. Er hatte ihn auf dem Bahnhof gegen vier Zigaretten eingetauscht. Man könnte fast sagen, dass Zigaretten das Geld ersetzten. Dieser und jener Gegenstand war so und so viele Zigaretten wert. Mit dieser „Währung" erstand mein Vater mir meine erste Blockflöte.
Das war wohl in ganz Deutschland ähnlich. An der Saar schien sich indes das Spiel zu wiederholen, an das die Menschen sich aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erinnerten: Dominanz Frankreichs auf den Gebieten der Politik, der Wirtschaft und möglichst auch der Kultur, jedoch mit Unterschieden. Im Juni 1947 wurde in dem um einige Gebietsstreifen erweiterten und von Deutschland abgetrennten ehemaligen Saargebiet die Saarmark eingeführt. Die Saarländer tauschten ihre Reichsmark im Verhältnis 1:1 gegen die neue Währung. Ich erinnere mich an die hellgelb-violetten Scheine. Münzen gab es nicht.
Dieses Geld behielt seine Gültigkeit nur wenig länger als ein halbes Jahr, dann wurde es durch französisches ersetzt. Für 20 Saarmark bekam man einen französischen Franken. Auch das Warenangebot war französischer Herkunft. Im Dezember 1947, kurz vor Weihnachten, aß ich die ersten Datteln meines Lebens. Mein erstes Gehalt im saarländischen Schuldienst wurde mir 1953 in französischen Franken ausgezahlt; 27 000 frs, wenn ich es noch richtig weiß. Das französische Geld verlor schnell an Wert, immer wieder gab es Nachzahlungen, um den Kaufkraftverlust auszugleichen; man wartete geradezu darauf.
In den Jahren 1954 und 1955 wurden für den Umlauf im Saarland eigene Münzen geprägt. Es gab 10-, 20-, 50- und 100-Franken-Stücke, jedoch kein eigenes Papiergeld.
Nachdem die Abstimmung vom 23. Oktober 1955 zu Gunsten Deutschlands ausgegangen war, wurde das Saarland am 1. Januar 1957 ein deutsches Bundesland; der wirtschaftliche Anschluss erfolgte erst am 6. Juli 1959, dem berühmten Tag X, nach dem wir von Deutschland aus mit Waren überschwemmt wurden, als hätten wir bis dahin in der Sahara gelebt. 85 Pfennige waren damals 100 französische Franken wert. Es waren die alten Franken - les anciens francs - , die de Gaulle dann durch die neuen - les nouveaux francs - ersetzte, indem er einfach zwei Nullen strich, also im Verhältnis 100:1 wechselte. Das war die Zeit, in der die Lothringer, wenn sie z. B. ein Haus kauften, mit ungeheuren Summen rechneten, weil sie den Preis nicht nur in anciens francs angaben, was für eine Übergangszeit verständlich gewesen wäre - rechnen wir nicht heute manchmal noch in DM statt in Euro - , sondern mit anciens centimes, und dann kamen noch zwei Nullen dran.
Ich glaube, auf den Euro haben sich die Saarländer umso mehr gefreut, je näher an der Grenze sie zu Hause waren, brauchten sie doch nicht mehr zwei oder gar drei Währungen - am besten in getrennten Geldbeuteln - vorzuhalten. Schnell mischten sich die Münzen verschiedener Herkunft im täglichen Zahlungsverkehr; bekam man französische, luxemburgische, belgische und niederländische Geldstücke in die Hand. Es erreichten uns Bitten aus grenzfernen Regionen, luxemburgische zu sammeln und unseren Freunden zu senden, weil man sie für selten und deshalb für sammelwürdig hielt. Soll man jetzt die griechischen auf die Seite legen, weil es vielleicht die letzten sein werden?
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Bildquellen:
- Vorschaubild: Fotomontage von Rita Dadder
Quelle für die Münzen-Bilder im Text: Wikimedia Commons. .
- Brüningtaler: Urheber Wächter at de.wikipedia. CC BY-SA 3.0
- 5 Reichsmark "Eichbaum": Urheber Wächter at de.wikipedia. CC BY-SA 3.0
- 100 Saar-Franken Münze: Urheber Roger Zenner at de.wikipedia, CC-BY-SA-2.0-DE.
Alle anderen Münzen-Abbildungen im Text gelten als gemeinfrei.
- 5-Saarmark-Geldschein von 1947: mit freundlicher Genehmigung des Archiv Regler, Merzig.