Sie glauben, lieber Leser, ich meinte den Wein, der hier wächst? Ganz falsch wäre das nicht, heißt es doch, die für die Obermosel typische Elblingrebe hätten wir den Römern zu verdanken. Aus vinum album - weißer Wein - soll Elbling geworden sein. Manche bestreiten das. Aber an den Wein dachte ich nicht.
Perl liegt nicht unten im Moseltal, sondern etwas höher auf der Flussterrasse. Da ist wenig Platz. So klettert das Dorf den Hang des Hammelsberges hinauf, der von der Gauhöhe her nach Westen gegen die Mosel vorstößt. Über seinen Kamm verläuft die Grenze zwischen dem saarländischen Perl auf der Nordseite und dem lothringischen Apach, das sich vor dem von der Sonne verwöhnten Südhang ausdehnt, an dem im Mai Orchideen blühen. - Sind Orchideen typisch südländisch? fragt der ungeduldige Leser. Die gedeihen auch im saarländischen Teil des Niedtales, wo ähnliche Verhältnisse herrschen. Um die Orchideen geht es diesmal nicht.
Wo früher - wie lang ist das schon her - das französische Zollhaus mitten auf der Nationalstraße stand, biegen wir ab und folgen der Straße, die zwischen der ehemaligen Eisenbahnerkolonie auf der Talseite und den neuen Häusern an der Hangseite allmählich ansteigt. Im letzten Haus rechts kehren wir ein. Auf dem Schild an der Gartenmauer lesen wir: Rûcher des trois Frontières - Imkerei zu den drei Grenzen. Hier machen Florent und Géraldine Leg köstlichen Honig.
Der Leser fühlt sich genasführt und fragt: „Gibt es nicht überall Honig, auf der saarländischen Seite so gut wie auf der lothringischen?" Gewiss, und der eine ist so gut wie der andere. Im übrigen ist bis jetzt nicht bekannt geworden, dass die Bienen die Landesgrenzen achten. Wenn oben auf dem Plateau der Raps blüht, begegnen sich die deutschen und die französischen, ohne sich die Ernte streitig zu machen.
Was hat das alles mit dem Süden zu tun? Das kommt jetzt. Florent und sein Vater Robert Leg bringen ihre Bienenstöcke nicht nur an den Stromberg drüben, also auf die französisch-luxemburgische Seite der Mosel - rûcher des trois frontières - auch nicht nur in die Vogesen für den dunklen Tannenhonig, sondern in die Provence, wenn dort der Lavendel blüht, und noch weiter, in die Landes im Südwesten Frankreichs, wo die Bienen den Nektar von den Faulbaumblüten ernten. Miel de Bourdaine heißt das Ergebnis.
Voilà un petit bout du Midi devant la porte.
Wir verlassen die Legs, kehren aber noch nicht zurück, sondern folgen der Straße weiter hinauf. Kommt denn da noch etwas? Nach zwei Kurven taucht ein Weiler mit einem halben Dutzend Häusern auf, die sich um einen Platz gruppieren, in dessen Mitte das Wasser eines Brunnens plätschert: Belmach. Was meckert denn da? Die Ziegen von Barbara und Paul Hammes. Vom frischen Ziegenkäse, den es da von März bis November gibt, will ich nicht sprechen, sonst gerate ich ins Schwärmen. Vor der Scheune steht ein schwerer Holztisch mit zwei Bänken. Im Sommer lassen es sich dort Wandergruppen schmecken, die vom saarländischen Eft, von Oberperl oder den anderen Dörfern auf dem Gau herübergekommen sind.
Ein bisschen gehört das schon zum „Leben wie Gott in Frankreich, vivre comme Dieu en France". Versuchen Sie es auch einmal!
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Bilder:
Großes Bild: Etikett des Honigs der "Imkerei zu den drei Grenzen", Florent und Géraldine Leg (Apach)
Kleines Bild und Vorschaubild: Etiketten Ziegenkäse, Barbara und Paul Hammes (Apach)