Das Ehepaar Bodo und Leevke Petersen, sagen wir aus Cuxhaven, ist auf der Heimfahrt nach dem Urlaub in dem kleinsten Bundesland, dessen Größe bekanntlich gerne als Vergleichsmaßstab in Nachrichten und Presseartikeln auftaucht.
So schrieb „Die Welt" am 19.08.2013 im Feuilleton: „Verrückt: Im Südwesten Deutschlands konnten Wissenschaftler ein Gebiet lokalisieren, das offenbar exakt die Fläche des Saarlandes hat.
Forschungsleiterin Anna Logie-Überdruß: „Nach unseren Messungen umfasst das fragliche Areal 2569,69 Quadratkilometer. Das ist wirklich erstaunlich, weil diese Fläche 350 000 Fußballfeldern entspricht. (.....) Bizarrer Zufall oder wissenschaftliche Sensation? Die Geographen sind noch uneins. „Wir hätten in einem Areal dieser Ausdehnung eher etwas anderes erwartet", gibt Logie-Überdruß zu bedenken, „zum Beispiel einen Ölteppich, einen abgeholzten Regenwald oder wenigstens einen Eisberg." (.....)
„Dennoch dürfte die Entdeckung dieser Gegend für die Komparationsindustrie noch von einigem Wert sein", glaubt Logie-Überdruß, „das von uns entdeckte Gebiet könnte dem Saarland auf lange Sicht den Rang als internationaler Vergleichsmaßstab ablaufen."
Dass es so weit kommt - dafür mehren sich die Anzeichen. Die Chancen seien so hoch wie der Kölner Dom, beziehungsweise 2370 tennisballgroße Hagelkörner oder 26 übereinander gestapelte Giraffen, glauben verschiedene Zeitungen und Nachrichtenmagazine.
Schon in der Ausgabe der „Welt" vom 22.10.2012 erschien ein ähnlicher Artikel, wenn auch mit anderem Schwerpunkt.
„Fast jedes dritte Baby kommt in Deutschland per Kaiserschnitt zur Welt. (....) Den höchsten Anteil an Kaiserschnittgeburten hat das Saarland. Wissenschaftler gehen davon aus, dass viele Ungeborene eine instinktive Abwehrhaltung gegen das Saarland entwickeln und dort nicht von selbst auf die Welt kommen wollen. Deshalb muss man sie mit Gewalt herausschneiden. (...) Wer will es Ungeborenen verdenken, wenn sie nicht als Erstes das saarländische Licht der Welt erblicken wollen? Alle Kaiserschnitte aneinander gelegt würden übrigens exakt ein Gebiet von der Größe des Saarlandes begrenzen."
Die Einwohner sehen die Rolle ihres Landes als Vergleichsmaßstab mit gemischten Gefühlen. Laut der ZEIT wurde von den deutschen Bundesländern zwischen 2001 und 2011 das Saarland als Maßeinheit am Meisten genutzt (in 209 Presseartikeln), gefolgt von Bayern (in 178 Presseartikeln). (In den Vereinigten Staaten gibt es dieses Phänomen auch, dort wird Rhode Island (der kleinste US-Bundesstaat) überproportional oft als Größenvergleich in US-Medien erwähnt).
Einerseits ist das Saarland öfter in den Medien, andererseits meist in Zusammenhang mit Natur- oder anderen Katastrophen, ja Skeptiker haben sogar den Untergang Jahrhundert alter, saarländischer Maßeinheiten vor Augen.
Was wird dann aus der durch das Präfix „sau-„ - einer landesweit gebräuchlichen Größeneinheit, wie z.B. „ähs sieht saugudd aus, doo isch's saukalt, mir geht's saumäßig" (bei einer akuten Flemm ), selbst ein offizielles Organ wie der Landkreis Merzig-Wadern warb für seinen Nachtbus mit: „Nachts saugudd unterwegs".
Was wird auch aus all den Hilfskonstruktionen, die durch die Nichtexistenz einer Pluralform des unbestimmten Artikels im Saarland nötig sind? Hier ein paar Beispiele dazu (hochdeutsch-saarländisch):
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- Bild "Weltkulturerbe Lyoner": Herbert Kihm
- Vorschaubild und Bild "2 halbe Doppelweck": Rita Dadder