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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Esel Erasmus unterwegs im sagenhaften Erfurt
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Die Erfurter Autorin Ingrid Annel lädt ein in eine sagenhafte Erfurter Welt der Vergangenheit, in der Esel Erasmus Martin Luther trifft und die Zaubereien des Magiers Faust miterlebt.

Als Bismarck Saarbrücken besuchte

Als Bismarck Saarbrücken besuchte

Ferdinand Luxenburger

Der eiserne Kanzler auf dem Weg zur Macht

oder

"Platz for die Päär"

Kaiserproklamation Wilhelms I. (mit Bismarck in weißer Kürassieruniform) im Spiegelsaal von Versailles am 18. Januar 1871.
Kaiserproklamation Wilhelms I. (mit Bismarck in weißer Kürassieruniform) im Spiegelsaal von Versailles am 18. Januar 1871.

In Saarbrücken sind gleich eine Straße und eine Brücke nach Otto von Bismarck, dem Eisernen Kanzler benannt. Der Zusatz „eisern" stammt von einer Rede, die er als preußischer Ministerpräsident am 30. September 1862 vor dem Abgeordnetenhaus gehalten hatte, um im preußischen Verfassungskonflikt die geplante Heeresreform durchzusetzen. Diese Rede gipfelte dann in dem berühmten Ausspruch, wonach nicht mit Majoritätsbeschlüssen die großen Fragen der Zeit entschieden würden, sondern mit Eisen und Blut. Denn er hatte längst erkannt, dass die „deutsche Frage" auf der europäischen Tagesordnung stand. Entsprechend früh stellte er schon die Weichen.

Der als konservativ geltende Realpolitiker Bismarck war von 1862 bis 1890 Ministerpräsident von Preußen, gleichzeitig von 1867 bis 1871 Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes und dann von 1871 bis 1890 der erste Reichskanzler des Deutschen Reiches und berühmt für sein raffiniertes Bündnissystem, mit dem er das neue Reich in der Mitte Europas absicherte. Denn er sah nach seiner Entstehung das Deutsche Reich als „saturiert" an, was heißen soll, dass es keine weiteren expansiven Ansprüche oder Gebietswünsche habe.

Nach dem deutsch-dänischen Krieg von 1864 und dem deutsche Krieg 1866, in dem Preußen Österreich besiegte, kam es 1870/71 zum deutsch-französischen Krieg, an dessen Ende Otto von Bismarck den preußischen König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser proklamierte.

Bismarck in Kürassieruniform im Kriegsjahr 1870
Bismarck in Kürassieruniform im Kriegsjahr 1870

Dieser Krieg war nun auch der Anlass für einen Besuch des Bundeskanzlers Bismarck in Saarbrücken am 9. August 1870. Drei Tage vorher hatte die Schlacht am „Roten Berg" bei Spichern getobt. In der Stadt war, wie einer von Bismarcks Presseagenten, Dr. Moritz Busch berichtet, nicht viel von der „Beschießung durch die Franzosen" zu sehen. Dafür herrschte aber „ein Gewirr von Marketenderwagen, Bagagewagen, Soldaten zu Fuß und zu Pferde, Johannitern mit der Kreuzbinde und dergleichen" in den Straßen Saarbrückens.

Von besagtem Dr. Busch, der den Bundeskanzler während des gesamten Deutsch-Französischen Krieges begleitete, erfahren wir, dass Bismarck mit großem Gefolge in den südwestlichen Zipfel des preußischen Reiches gekommen ist, um von dort weiter nach Frankreich bis nach Versailles zu reisen. Der Berliner Regierungsdelegation gehörten mehrere Legationsräte verschiedener Dienstgrade sowie Geheimsekretäre, mehrere Chiffreure, Kanzleidiener, Boten und ein Koch an. Von Saarbrücken aus machte man sich fünf Tage nach der Schlacht bei Spichern in einer langen Wagenkolonne auf den Weg über die Grenze, wo noch deutliche Spuren des heftigen Kampfes zu sehen waren.

Eine eher amüsante Begebenheit erzählt man sich von diesem Besuch an der Saar. Der Bundeskanzler selbst war durchaus standesgemäß untergebracht, denn er hatte „bei dem Kaufmann und Fabrikanten Haldy Quartier genommen". Dennoch beklagte er sich, weil für seine Pferde nur Platz in den Saarwiesen war. Der Bierbrauer Gustav Bruch erspähte sie dort und wollte für die Vierbeiner des hohen Gastes einen besseren Platz anbieten und schickte seinen Arbeiter Peter Bucks zum Regierungsgefolge. Dort brachte man nach einiger Zeit den seltsamen Boten zu Bismarck, der ihn nach seinem Anliegen fragte. Der brave Peter soll nun geantwortet haben, dass sein Herr dem Kanzler einen „scheenen Gruß" ausrichten lasse und er ergänzte dann: „Mir han noch Platz for eier Päär." Der Fürst soll ganz schön gestutzt haben, als er das hörte. Vor allem mit dem Wort „Päär" wusste er zunächst überhaupt nichts anzufangen, bis man ihm die Vokabel erläuterte. 

Eine zeitgenössische Postkarte zeigt das Bismarck-Denkmal auf dem Saarbrücker Schlossplatz
Eine zeitgenössische Postkarte zeigt das Bismarck-Denkmal auf dem Saarbrücker Schlossplatz

Otto von Bismarck, als Pferdenarr bekannt, soll hoch erfreut über dieses Angebot gewesen sein, dem Arbeiter auf die Schulter geklopft und sich auf das herzlichste für das großherzige Angebot bedankt haben. Peter Bucks war natürlich stolz auf den Schulterklopfer des Eiserenen Kanzlers und hat damit viele Male coram publico seine Wichtigkeit beim Besuche des Bundeskanzlers unterstrichen.

Die anfangs erwähnte nach Bismarck benannte Straße und auch die Brücke erinnern bis heute an seinen Besuch. Aber wer weiß schon, dass am 12. Feb. 1885 Bismarck zum Ehrenbürger Saarbrückens ernannt wurde. Es gab früher einen nach Bismarck benannten Park sowie eine Bismarckschule und auf dem Schlossplatz der heutigen Landeshauptstadt eine 3,20 Meter hohe Bismarck-Statue auf einem 3,50 Meter hohen Sockel. Dieses Denkmal wurde 1895 zu seinem 80. Geburtstag errichtet. Es zeigte ihn in einer Kürassieruniform und sollte wohl an die Schlacht am Roten Berg erinnern, die mit dazu beigetragen hat, dass Bismarck im Spiegelsaal von Versailles den König von Preußen zum Deutschen Kaiser ausrufen und er selbst erster deutscher Reichskanzler werden konnte. Im Zuge der Umgestaltung des Schlossplatzes wurde die Statue 1938 abgebaut und eingelagert. In den Wirren des II. Weltkrieges ging sie dann verloren.

 

*****
Textquellen:
- Moritz Busch, Bismarck und seine Leute während des Krieges mit Frankreich, Erster Band, 2. Aufl., Leipzig, 1878.
- Jürgen Bolldorf, Als Bismarck in Saarbrücken Station machte, Saarbrücker Zeitung, 18.12.2010.
- Stätten grenzüberschreitender Erinnerungen, www.memotransfront.uni-saarland.de


Bildquellen:
- Vorschaubild: Porträt Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen mit Pickelhaube
Bundesarchiv, Bild 183-R68588 / CC-BY-SA, via Wikimedia Commons
- Kaiserproklamation Wilhelms I. In Versailles am 18. Januar 1871. Gemälde von Anton von Werner.
- Bismarck in Kürassieruniform im Kriegsjahr 1870.
Bundesarchiv, Bild 183-R29818 / CC-BY-SA, via Wikimedia Commons
- Bismarck-Denkmal auf dem Saarbrücker Schlossplatz. Zeitgenössische Postkart
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