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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Wilfried Bütow
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Kunstfertig in vielen Genres, geht Heine souverän mit den Spielarten des Komischen um, erweist sich als ein Meister der Ironie und der Satire und weiß geistreich und witzig zu polemisieren.
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Die Schlacht am „Roten Berg“ bei Spichern am 6. August 1870

Die Schlacht am „Roten Berg“ bei Spichern am 6. August 1870

Stefan Brand

Etappe in einem folgenreichen Krieg

Gliederung

1. Gründe für den Krieg zwischen Frankreich und Deutschland
2. Kriegsplanungen durch Frankreich, Österreich/Ungarn und Italien
3. Der Truppenaufmarsch von 1870
4. Die Schlacht bei SPICHERN
5. Anlage

1. Gründe für den Krieg zwischen Frankreich und Deutschland

Im Dezember 1852 wurde Napoleon III. Kaiser von Frankreich und das französische Kaiserreich sollte nach seinem Willen ein Reich des Friedens sein.

Die Realität war allerdings völlig anders, denn Frankreich führte bereits Krieg in Italien, auf der Krim und - wenig erfolgreich - in Mexiko.

Das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland (Preußen) war geprägt von Meinungsverschiedenheiten, welche aber auf diplomatischem Weg immer wieder bereinigt werden konnten.
Zum Höhepunkt der Streitigkeiten kam es, als der spanische König starb und Königin Isabella gestürzt wurde und somit dieser Thron einem Hohenzollern, Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen angeboten wurde.
Obwohl Wilhelm I. den Spaniern eine Absage erteilte und Prinz Leopold freiwillig verzichtete, verlangte Frankreich eine formelle Garantie auf den Thronverzicht, da es eine Umklammerung fürchtete.
Dieses Verlangen wurde durch den französischen Botschafter an Wilhelm I., der zu diesem Zeitpunkt zur Kur in Bad Ems war, übergeben.
Wilhelm I. lehnte das Begehren Frankreichs, das niemals ein Hohenzoller den Thron Spaniens besteige, eindeutig ab und telegrafierte diesen Umstand an seinen Kanzler, den Ministerpräsidenten von Preußen, Otto von Bismarck.
Dieser wiederum veröffentlichte dieses Telegramm in verkürzter Form und das war dann der Anlass für die französische Kriegserklärung an Preußen am 19. Juli 1870.
Man spricht noch heute von der „Emser Depesche".
Diese Emser Depesche war nur die Spitze des Eisbergs für die Kriegserklärung Frankreichs.
Weitere Gründe lagen in den Gebietsansprüchen Napoleons III. auf dem linksrheinischen Territorium und dem Machtzuwachs sowie Rüstungsvorsprung durch den Anschluss Süddeutschlands an den Norddeutschen Bund (1866).

2. Kriegsplanungen durch Frankreich, Österreich/Ungarn und Italien

Ab 1868 verhandelte Napoleon III. mit Österreich/Ungarn sowie Italien um Möglichkeiten zu finden, den Machtzuwachs Preußens einzudämmen. Diese Verhandlungen waren bei Kriegsausbruch noch nicht abgeschlossen.

Erzherzog Albrecht von Österreich legte im März 1870 folgenden Plan vor:
- eine französische „Saararmee" von 250.000 Mann, die die preußischen Hauptkräfte in Richtung Mainz zurückdrängen soll,
- eine „Südarmee" bei Straßburg, die über Stuttgart zu einem möglichen Gegenangriff antritt,
- 60.000 Italiener sollen sich bei Kufstein sammeln,
- 100.000 Österreicher stellen sich bei Pilsen auf.

3. Der Truppenaufmarsch von 1870

Der französische Aufmarschplan richtete sich nach den Plänen des Erzherzogs Albrechts von Österreich.
Zwischen Metz und der Grenze der mittleren Saar sammelte sich die „Rheinarmee" unter Marschall Bazaine in einer Stärke von 150.000 Mann. (Ursprünglich wollte der chronisch kranke Kaiser Napoleon III. diese Armee selbst führen.)
Vor Weißenburg, mit Stoßrichtung zum Rhein, stand das Korps des Marschalls Mc Mahon in Stärke von 45.000 Mann (3 Tagesmärsche von der Hauptarmee entfernt).
Bei Chalons sur Marne wurde eine Reserve von 50.000 Mann aufgestellt.
Die geplante Truppenstärke, die von Albrecht von Österreich gefordert war, wurde also in keiner Weise erreicht.
Vier Wochen nach der Mobilmachung war das Stärkeverhältnis zwischen Deutschland (Preußen) und Frankreich 2 : 1.
Damit war erkennbar, dass ein Durchbruch nach Süd-Deutschland mehr als illusorisch war.

Generalfeldmarschall (ab 1871) Helmuth von Moltke ballte die Masse seiner Truppen im Raum Trier, Kaiserslautern, Mainz und Landau zu drei großen Armeen.
An die Spitze der Armee, die gegen die französische „Rheinarmee" vorzugehen hatte, wurde das III. Korps (die Brandenburger) unter General von Alvensleben II. vorangestellt mit dem Auftrag, den Vormarschplan über die Kaiserstraße mit Flussübergang in Saarbrücken einzuhalten.
Zum Flankenschutz gegen die Truppen bei Metz/Diedenhofen befahl er zwei neue Korps, die zwischen Mosel und oberer Nahe Aufstellung fanden.
Darunter war auch das VI. Korps (Niederrheiner und Westfälinger) unter General von Steinmetz, welches die Schlacht bei Spichern begann und letztendlich entschied.

Die Schlacht bei Spichern fand allerdings nur statt, weil General von Steinmetz den Befehlen von Moltkes nicht folgte.
Er glaubte, als preußischer hochdekorierter Liniengeneral (er erhielt vom Preußischen Landtag hohe Geldgeschenke, sogenannte „Dotationen", für entscheidende Taten) sich über bestehende Befehle einfach hinwegsetzen zu können.
Er führte sein Korps nicht - wie geplant - zwischen Merzig und Völklingen über die Saar, sondern er verschob die Marschlinien so weit nach Süd-Osten, dass seine 14. Division unter General von Kameke vor die Spitze der heranziehenden preußischen Angriffsarmee gelangte.
General von Steinmetz wollte unbedingt an den Feind.

4. Die Schlacht bei SPICHERN

Am Freitag, dem 15. Juli 1870, bekam Major von Pestel, der Kommandeur des 7. Ulanen-Regiments während eines Konzertes eine Depesche, die besagte: „Sofortige Mobilmachung und Besetzung der Grenze".
Große Aufregung verbreitete sich schnell unter der Bevölkerung, denn die französischen Turkos und Zuaven waren gefürchtet.
Die Behörden rechneten während der kommenden Nacht mit einem Einfall der Franzosen und wollten deshalb noch schnell die öffentlichen Kassen retten, indem sie diese per Bahn nach Koblenz verbrachten.
Das Füssilierbataillon des 7. Rheinischen Infanterieregiments Nr. 69 und drei Schwadronen der 7. Ulanen bildeten damals die Garnison Saarbrücken - St. Johann. Den Soldaten wurde befohlen die Kriegsausrüstung zu empfangen und die Marschbereitschaft herzustellen. Wertvolles Bahnmaterial wurde in Richtung Rhein abgeschoben.
Die erste Meldung über die Ankunft französischer Streitkräfte kam vom königlichen Oberförster Solf aus Karlsbrunn / Warndt.
Verkleidet als Holzarbeiter, hat er die Bewegungen auf der Kaiserstraße bei Nassweiler / Rossbrücken beobachtet. Er telegrafierte seine Beobachtungen an das Divisionskommando Trier. Diese Depesche ging dann über Völklingen auch nach Saarbrücken.
Der erste Einfall auf deutschem Gebiet fand am 19. Juli 1870 um 05.30 Uhr statt, obwohl die Kriegserklärung erst am Mittag durch den französischen Geschäftsträger in Berlin überreicht wurde.
Beim dieser ersten „Gefechtsberührung" wurden an der Folsterhöhe die Zollkasse mit 5 Talern und 25 Silbergroschen geplündert sowie die beiden Zollaufseher entführt.

Bis zum 31. Juli 1870 fand der sogenannte „kleine Krieg" statt, bei welchem es zu gegenseitigen Kavallerieangriffen und Vorpostengeplänkel kam.
Als ortskundiger Führer für die deutschen Truppen erwarb sich der Saarbrücker Oberförster Bergmann große Verdienste, denn das Gelände zwischen Bellevue und Goldener Bremm war von keiner Seite fest besetzt.
Die noch schwachen deutschen Kräfte hatten Befehl, hinhaltenden Widerstand zu leisten und bei Notwendigkeit die Bahnanlagen zu lähmen, jedoch die Zerstörung der Saarstädte zu vermeiden.

Am 02. August 1870, gegen 09.00 Uhr, brachten die Franzosen fünf Artilleriebatterien und eine  Mitrailleusenbatterie auf der Bellevue in Stellung.
Die deutschen Truppen hatten sich zu diesem Zeitpunkt über St. Johann in Richtung Rastpfuhl und Dudweiler / Scheidt zurückgezogen.
Mit ca. 950 Granaten wurden der Bahnhof St. Johann und die Truppen auf der Lebacher Straße (Rastpfuhl) beschossen. Mehrere Häuser brannten am Bahnhof und an der Schleifmühle ab. Die Bahnsteige wurden zerschossen und ein Turm des Bahnhofgebäudes fiel zusammen.
Die Wirkung der französischen Chassepotgewehre war auch noch in einer Entfernung von 2000 Metern spürbar, wo hingegen die deutschen Zündnadelgewehre nur über eine Kampfentfernung von 500 Metern verfügten.
So konnten die Franzosen mit ihren Gewehren bis weit nach St. Johann hinein wirken.

Um die Mittagszeit erschien der französische Kaiser Napoleon III, mit seinem Sohn, dem Thronfolger Lulu (15 Jahre alt) - von Metz kommend - auf der Bellevue, um den Sieg zu verherrlichen.
Lulu erhielt hier seine Feuertaufe, indem er eine Mitrailleuse abfeuern durfte.
Der französische Kaiser schrieb voll Stolz an seine Frau: „Lulu war von großer Kaltblütigkeit und in keiner Weise erschüttert. General Frossard hat die Höhen genommen, welche Saarbrücken und das Saartal beherrschen."
Noch heute erinnert der „Lulustein" auf der Bellevue an diese Begebenheit.
Auch besagt die Saarbrücker Überlieferung, dass Lulu sich bei dieser Aktion in die Hose gemacht hat.
Die damalige franz. Presse (Reporter von France militaire) meldete: „Saarbrücken ist wieder eine französische Stadt!"
Einzelne französische Trupps stießen bis St. Johann vor, wagten allerdings keine Besetzung.

Die Versorgung der Soldaten funktionierte nicht richtig, daher wurden die Hänge des Trillers nach Kartoffeln und Obst abgesucht und bei der Bevölkerung Verpflegung gekauft oder „besorgt".
Im Tal zwischen Bellevue und Goldene Bremm wurden Feldlager errichtet, denn - wie bereits erwähnt - in die Städte wagten sich die französischen Soldaten nicht.

Eigenartiger Weise wurde den Milchfrauen aus Spichern und Alstingen erlaubt, ihre Produkte wie gewohnt - über die Front - nach Saarbrücken zu bringen.
Für die Übernahme der Saar-Gruben und der Städte stand auf französischer Seite schon Personal fest.
Das Gasthaus „Zur Rose" am Markt St. Johann zog immer wieder französische Soldaten an, so dass es Soldaten der Brandenburger Ulanen gelang, 7 Zecher festzunehmen.

Am 03. August 1870 zog der französische General Frossard mit großem Gefolge - über die Metzer Straße - in Saarbrücken ein und traf sich am Rathaus zu einer Besprechung mit Bürgermeister Schmidtborn. Dabei entschuldigte er sich für die Schäden an Saarbrücker Privathäusern und sicherte zu, dass seine Soldaten nur noch unter Aufsicht die Stadt besuchen dürfen.
Anschließend ritt er zur „Alten Brücke", überquerte diese aber nicht. St. Johann wurde danach nicht mehr von französischen Soldaten betreten.

04. August 1870:
Kürassiere, Brandenburgische Ulanen und Braunschweiger Husaren ziehen in Trupps durch St. Johann. Die Franzosen beschießen wieder St. Johann und den Bahnhof Burbach.

04. August 1870:
Sieg des Kronprinzen bei Weißenburg. Die Saarbrücker Zeitung druckt eine Sonderausgabe.
General Frossard erhielt folgende Depesche:
„Schlacht bei Weißenburg verloren, General Douay tot."
Seine Reaktion: „Jetzt müssen wir auch hier zurück."
Aus dem Raum Trier wurden ihm 40.000 preußische Soldaten (General Steinmetz) gemeldet.

06. August 1870, 04.00 Uhr:
Vorfühlende Kürassiere finden die französischen Feldlager fluchtartig verlassen vor.
Am „Roten Berg" wird geschanzt, Artillerie hat sich dort aufgebaut; bei Stieringen ist ein Truppenlager erkennbar.

Kavallerie der verschiedenen deutschen Truppenteile durchzieht die Stadt, die sich hierfür festlich geschmückt hat.
Gegen 11.00 Uhr marschiert - mit Musik - das 39. Niederrheinische Infanterieregiment über die Lebacher Straße in Saarbrücken ein und zieht sofort in Feindrichtung weiter.
Schon jetzt haben die Soldaten einen strammen Marsch hinter sich, denn sie kommen aus Knorscheid und Landsweiler. In Güchenbach sollten sie eigentlich rasten, doch General Kameke hat Befehl erteilt, durchzumarschieren und die Höhen südlich der Stadt zu besetzen. „Vielleicht können wir den Kerls noch eins auf den Pelz geben!"
Vor dem Regiment reitet Generalmajor von Francois.
Die Soldaten sind durch den langen Marsch und die große Hitze sichtlich erschöpft und zeigen sich für die von der Bevölkerung gereichten Erfrischungen sehr dankbar.
Nach Erreichen der Höhe, werden sie sofort von franz. Artillerie beschossen.
Den Franzosen, die in stark ausgebauten Stellungen kämpften, stand zunächst nur die 27. Infanteriebrigade gegenüber; die 28. Infanteriebrigade folgte.
General Kameke konnte mit weiterer Unterstützung rechnen, denn das VII. Armeekorps stand bei Völklingen und bei Fischbach marschierte das VIII. Korps. Die Spitze des III. Korps war bis Friedrichsthal vorgerückt.
General Kameke wollte unbedingt angreifen.
Nach Eintreffen drei weiterer Batterien (Aufstellung Lerchesflur) befahl er Generalmajor v. Francois, dem Kommandeur der 27. Infantriebrigade, den Feind von der Höhe (Roter Berg) zu vertreiben.
Das direkte Vorgehen auf die Höhe schien aussichtslos, daher entschloss sich Francois zu einem Angriff über die Flanken.
Der Angriff startete mit zwei Bataillonen des Infanterieregimentes 74 über den Drahtzug und mit sieben Kompanien des Infanterieregimentes 39 über den Giffertswald.
In dem unübersichtlichen und steilen Gelände gingen die Kämpfe nur sehr mühsam voran.
Auf dem roten Berg sahen die Verteidiger das Näherkommen der Angreifer über die Flanken.
In dieser Situation trat das Füsilierbataillon des 74. Infantrieregimentes zum Sturm frontal gegen die Höhe an.
Es gab jedoch kein Durchkommen, sie wurden zurückgeworfen.
Die ständig verstärkte deutsche Artillerie auf dem Winterberg wirkte schließlich mit 24 Geschützen und zwang die französische Artillerie zum Rückzug vom roten Berg.
Drei Batterien führten unter feindlichem Feuer einen Stellungswechsel zum Galgenberg (1000 m vor dem roten Berg) durch. Die Bedienungen der Geschütze hatten hohe Verluste (2 Offiziere, 24 Mann u. 43 Pferde), trotzdem war die Wirkung des Feuers entscheidend.
Die Füsiliere des 74. Infantrieregimentes konnten den Rand der Höhen erkämpfen, jedoch hielten die Franzosen den oberen Teil der Höhe.

Grabmal General Francois
Grabmal General Francois

Zu diesem Zeitpunkt erschien General von Francois am Rand der Höhe und beglückwünschte seine Soldaten für deren Tapferkeit.
In diesem Augenblick wurde der linke Flügel im Giffertswald zurückgedrängt und auch frontal wurde das 74. Infanterieregiment erneut angegriffen.
General von Francois zog seinen Degen, ließ seine Hornisten zum Angriff blasen und stürmte mit der soeben angekommenen neunten Kompanie des 39. Regiments vorwärts.
Er wurde von fünf Kugeln getroffen und lag im Sterben, als Leutnant Hesse ihm - auf seinen Wunsch hin - seinen Orden „Pour le merite" vom Hals löste, damit dieser dem König zurück gegeben werden sollte.
Seine letzten Worte waren: „Es ist ein schöner Tod auf dem Schlachtfeld. Ich sterbe gern, da das Gefecht vorwärts geht." (Bericht seines Adjutanten Premierleutnant von Dieskau)
Die Leiche des Gefallenen - der nur den Generalshelm, aber noch die Uniform eines Obersten trug (Beförderung war am 26. Juli 1870), wurde noch am gleichen Abend in die Ludwigskirche verbracht.

Die französischen Truppen machten verzweifelte Anstrengungen, die Preußen zurück zu drängen und von den Höhen zu vertreiben. Die meisten Offiziere waren gefallen und so wurden einige Kompanien von Feldwebeln geführt.
Im Giffertswald wurden die Kräfte des 39. Infanterieregimentes vollkommen aufgerieben, so dass diese sich völlig entkräftet und ohne Munition zum Winterberg schleppten.

Die Lage war äußerst gespannt; alle Truppen der 14. Division waren in Gefechte verwickelt.
Gegen 16.00 Uhr trafen sich die kommandierenden Generäle der drei beteiligten preußischen Korps und fanden eine fast verlorene Schlacht vor.
Zu deren Glück eilte nun personeller Nachschub aus dem Fischbach-, Köller- und Sulzbachtal herbei.
Der Kampfeslärm wirkte wie ein Magnet auf die Soldaten. ie ankommenden Batterien unterstützten die bereits auf der Folsterhöhe / Galgenberg kämpfenden Batterien und eröffneten sofort das Feuer.
Die preußischen Angriffe gliederten sich im Wesentlichen auf nebeneinander verlaufende Gefechte (gegen Stieringen und den nördlichen Höhenrand von Spichern).

Dem stark bedrohten preußischen linken Flügel im Gifertswald und auf dem Roten Berg wurden nach und nach 3000 Mann des VIII. Korps und 5000 Mann des III. Korps zugeführt.
General von Alvensleben übernahm den Oberbefehl.

Nach 17.00 Uhr drehte sich die Lage erneut, da die 2. französische Division - aus Oetingen kommend - mit 15 Bataillonen bei Stieringen und Spichern angriff.
Teilweise wurde die preußische Linie durchbrochen und die Truppe bis zum Wald am Drahtzugweiher zurückgedrängt.
Ein gefährlicher Erfolg für die Franzosen, der sich entscheidend auf die Schlacht hätte auswirken können.

Dann geschah fast ein Wunder. Die siegreiche Sturmwelle wurde plötzlich vom französischen Kommandierenden gestoppt und zurückgenommen.
Was war geschehen?
Gegen 19.00 Uhr sandte General Frossard ein Telegramm an den französischen Oberbefehlshaber Marschall Bazaine mit folgendem Text nach St. Avold: „Wir sind von Wehrden aus umgangen, ich bringe meine ganze Macht auf die Höhe."

Die Spitzen der 13. Division (VII. Korps) hatten - von Völklingen kommend - die Hauptstraße bei Emmersweiler blockiert und die Eisenbahnlinie unter Artilleriefeuer genommen.
Transportzüge mit französischer Infanterie in Richtung Forbach mussten umkehren.
Auf dem Kaninchenberg, westlich von Forbach, erschienen drei preußische Bataillone.
General Frossard fühlte sich vom Hinterland abgeschnitten.
Während der beginnenden Dämmerung zögerten die preußischen Befehlshaber mit ihren Truppen über Forbach hinaus durchzustoßen und die französischen Truppen einzukesseln.

Der Rückzug begann sehr diszipliniert, die französischen Truppen zogen sich vom Roten Berg und von Stieringen aus über die wenigen noch passierbaren Waldwege und steilen Hänge zurück. Sie verloren weder eine Kanone, noch eine Fahne.

Französische Nachhuten setzten sich im Häuserkampf in Stieringen heftig zur Wehr. In Forbach wurden Häusergruppen bis zur Selbstaufopferung verteidigt.

Inzwischen hatte der preußische Oberbefehlshaber von Alvensleben an der Goldenen Bremm aus den ständig herbeieilenden Verstärkungen eine Infanteriemasse von über 5000 Mann gesammelt, die in der Dämmerung - die Wacht am Rhein singend - am roten Berg antrat.
Sie überrannten die französischen Nachhuten.
Eine Verfolgung unterblieb, obwohl ausreichend preußische Kavallerieregimenter hinter den eigenen Linien untätig dem Geschehen zugeschaut hatten.
Die Infanterie, die zusammen mit der Artillerie den Kampf getragen hat, war übermüdet und ausgebrannt. Die Truppe war außerdem ohne Verpflegung und teilweise völlig auseinander gesprengt.
Es musste ihr Ruhe gegönnt werden.

Im Schlachtgetümmel waren die wenigen Sanitäter mit der Versorgung der Verwundeten völlig überfordert. Viele Verwundete blieben bis zum nächsten Tag auf dem Schlachtfeld liegen.

Saarbrücker Frauen versuchten, so gut es ging, sich um die verwundeten Soldaten zu kümmern.
Unter diesen Frauen befand sich auch Katharina Weissgerber, genannt Schultze-Kathrin, Dienstmagd der Familie Schultz.
Sie versorgte zusammen mit 50 anderen Frauen, einen Bottich mit Wasser auf dem Kopf tragend, die Verwundeten. Diese Frauen wurden mit dem Verdienstkreuz ausgezeichnet.

Schultze-Kathrin starb am 06.08.1886 in großer Armut. Zahlreiche Spenden ermöglichten ihre Bestattung im Saarbrücker Ehrental (Deutsch-Französischer Garten, dort liegt das Grab noch heute).

An der Schlacht nahmen teil:
Preußen: 30.194 Mann, 108 Geschütze
Frankreich: 24.415 Mann, 90 Geschütze

Verluste:
Preußen: 4.817 Mann
Frankreich: 4.078 Mann

5. Anlage


Anmerkungen:

Die Ungehorsamkeit des Generals von Steinmetz gegen die Befehle des Generalfeldmarschall von Moltke beruhen auf dem vor über hundert Jahren wirksamen Offizierbegriff von „Waffenehre".
„Die Waffenehre gebietet, die Waffenehre verbietet."
Der Ehrbegriff gebot, selbst voran in den Tod zu gehen und Soldaten zu opfern; aber auch selbst den obersten Vorgesetzten den Gehorsam zu verweigern.
Es gab zu dieser Zeit mehrere solcher Beispiele.
Von Moltke hatte oftmals Schwierigkeiten, sich gegen seine höheren Generäle durchzusetzen.

Verhalten auf dem Gefechtsfeld

Zu Beginn der Kämpfe ritten die Kompaniechefs mit gezogenem Degen vor ihrer Kompanie in den Kampf.
Selbst wenn die Kompanie im Gefechtsanschlag auf dem Boden lag, standen die Offiziere aufrecht dazwischen und gaben ihre Befehle.
Dadurch wurden sie regelrecht zu Zielscheiben und es kam zu diesen enormen Verlusten bei den Offizieren.
Diese alte Taktik stammte noch aus Napoleon-Zeit und bedingte, dass der Führer seiner angreifenden Kolonne vorausritt.
Das Ausnützen von Deckung und Feuern vom Boden aus war noch nicht in den Köpfen der Soldaten gefestigt.

Die verwendeten Handwaffen (Chassepotgewehr und Zündnadelgewehr) waren Einzellader.
Erst 1884 wurde in Deutschland das Mehrladegewehr eingeführt.

Die Mitrailleuse - auch canon à balles - wurde auf französischer Seite eingesetzt. Jedoch hat sich diese Revolverkanone mit 25 Läufen und einem Kaliber von 13mm - laut französischer Berichte - nicht bewährt.

Der Kavallerieeinsatz beschränkte sich auf Erkundungen und Vorpostengeplänkel zu Beginn des Krieges. Während der Schlacht wurde nur einmal versucht, mit Kavallerie den roten Berg zu stürmen, jedoch kam es zu zahlreichen Verlusten, weil Ross und Reiter sehr leicht getroffen werden konnte und die Pferde im steilen Gelände keinen Halt finden konnten.

Fazit:

Die Schlacht von Spichern war von keiner Seite geplant. Sie hatte auch keine entscheidende Bedeutung, sondern war im Gegenteil sowohl ein operativer als auch taktischer Fehlschlag.
Militärhistoriker und auch der Große Generalstab bezeichneten sie als die größte Katastrophe des Feldzuges von 1870/71.
Die Schlacht war auch völlig unnötig. Spätestens nach 2 Tagen wäauml;ren die Franzosen abgerückt, da sie befürchten mussten, dass die I. Armee, die nach dem Sieg von Wörth (6. August) Richtung Metz marschierte, ihnen den Rückweg ins Innere Frankreichs verlegen würde.
Erst am 18.08.1870 kam es zur Entscheidungsschlacht bei Gravelotte (ab 2014 interessantes Museum an der Hauptstraße) und St. Privat westlich von Metz.

 

Personenregister

Bazaine, Francois, Marschall von Frankreich

Geb.: 13. Februar 1811 in Versailles
Gest.: 28. September 1888 in Madrid

Seit 1831 im Heer, kämpfte in Algerien und auf der Krim.
Oberbefehlshaber in Mexiko. 1864 Marschall von Frankreich.
Bei Ausbruch des Krieges 1870 war er Kommandeur des III. Armeekorps.
Ab 12. August 1870 Oberbefehlshaber. Zog sich nach der Schlacht von Vionville nach Metz in die Festung zurück, wurde dort während der Schlacht von Gravelotte eingeschlossen.
Er verzichtete auf einen Ausbruch und begab sich am 27. Oktober 1870 mit 170.000 Mann in Gefangenschaft. Deshalb wurde er des Verrates beschuldigt und zum Tode verurteilt. Mac Mahon wandelte die Todesstrafe in 20 Jahre Haft um. Er wurde zur Insel St. Marguerite bei Cannes verbracht und floh am 10. August 1874 von dort nach Madrid, wo er in sehr ärmlichen Umständen bis zu seinem Tode lebte. Er schrieb noch mehrere Rechtfertigungsschriften.

Mac Mahon, Patrice, Marschall von Frankreich

Geb.: 13. Juni 1808 in Sully
Gest.: 17. Oktober 1893 in Paris

Irischer Herkunft. 1848 General und Statthalter von Oran.
Nahm am Krimkrieg teil. Seit 04. Juni 1859 Marschall von Frankreich.
1864 Statthalter in Algerien. Befehligte 1870 das I. Armeekorps, wurde in der Schlacht bei Wörth zum Rückzug gezwungen. Versuchte mit einer Reservearmee die Stadt Metz von der Besatzung zu befreien, wurde aber gegen Belgien abgedrängt.
Am 01. September 1870 schwer verletzt, gab er den Oberbefehl an Ducrot ab. Durch die Schlacht bei Sedan in preußische Gefangenschaft geraten (02. September 1870).
Nach dem Waffenstillstand warf er den Aufstand der Kommune in Paris nieder.
Wegen seines guten Namens und seiner kirchlichen Gesinnung, wählte ihn die monarchistische Mehrheit im Mai 1873 zum Präsidenten der Republik.
Er trat 1879 wegen einer liberalen Kammermehrheit zurück.

Moltke von, Helmuth Karl Bernhard, Generalfeldmarschall

Seit 1870 Graf
Geb.: 26. Oktober 1800 in Parchim
Gest.: 24. April 1891 in Berlin

Trat 1822 aus dänischem in den preußischen Militärdienst.
1835 türkischer Militärinstrukteur. Seit 1848 Abteilungsvorstand im großen Generalstab, 1858 Chef des Generalstabes. 1866 und 1870/71 Generalstabschef bei König Wilhelm I..
M. war Urheber der Feldzugpläne. Versuchte immer den Feind in dessen Land zu schlagen.
Von ihm stammen militärische Grundsätze, die noch heute Gültigkeit haben:
„Getrennt marschieren, vereint schlagen!"
„Die Strategie ist ein System von Aushilfen!"

Laut der Literatur gehört M. zu den besten Feldherren der Militärgeschichte.
Er war maßgeblicher Erzieher des deutschen Generalstabes.
Von 1867 - 1891 Mitglied des deutschen Reichstages.
Trat 1888 mit 88 Jahren als Chef des Generalstabes zurück.

Alvensleben von, Konstantin, preußischer General

Geb.: 26. August 1809 in Eichenborleben (Sachsen)
Gest.: 28. März 1892 in Berlin

- Jüngerer Bruder des General Gustav von Alvensleben -
Seit 1827 Offizier.
Führte 1866 die 1. Gardedivision und ab 1870 das III. Armeekorps.

Steinmetz von, Karl Friedrich, preußischer Generalfeldmarschall

Geb.: 27. Dezember 1796 in Eisenach
Gest.: 04. August 1877 in Bad Landek

1813 - 1814 Leutnant im Yorkschen Korps,
1848 Regimentskommandeur in Schleswig,
1851 Kommandeur des Kadettenkorps,
1864 Kommandeur des IV. Armeekorps (siegte 1866 bei Nachod),
Befehligte 1870 bei Spichern und Gravelotte die 1. Armee,
wurde wegen Eigenmächtigkeiten (vorzeitiger Reiterangriff bei St. Hubert) dem Prinzen Friedrich Karl unterstellt.
Am 12. September 1870 abberufen, wurde er Generalgouverneur von Posen und Schlesien.

Kameke von, Georg Arnold Karl, preußischer General

Geb.: 14. Juni 1817 in Posewaltz
Gest.: 12. Oktober 1893 in Berlin

1856 - 1857 Militärattaché in Wien,
1863 Chef des Generalstabes des VIII. Armeekorps,
1865 Chef des Generalstabes des II. Armeekorps,
befehligte 1870 die 14. Infantriedivision bei Spichern und Metz,
nahm Diedenhofen und Montmedy,
leitete den Ingenieurangriff auf Paris,
1873 - 1883 preußischer Kriegsminister.

Frossard, Charles Auguste, französischer General

geb.: 26. April 1807 in Versailles
gest.: 25. August in Chateau Villain (Haute Marne)

Kämpfte 1831 in Belgien,
1833 in Algerien,
nahm an der Besetzung Roms (1850) teil,
Krimkriegteilnehmer,
1867 Prinzenerzieher,
verlor 1870 mit dem II. Armeekorps die Schlacht bei Spichern und zog sich nach Metz zurück.

 

Nachbildung einer französischen Lagekarte

 

 

*****

Quellenverzeichnis

1. Texte
- Albert Ruppersberg „Saarbrücker Kriegs-Chronik"
- Militärgeschichtliches Forschungsamt, Wolfgang von Groote, Ursula von Gersdorff „Entscheidung 1870"
- Theodor Fontane „Der Krieg gegen Frankreich 1870 - 1871"
- Dr. S. Fischer-Fabian „Preußens Krieg und Frieden, der Weg ins Deutsche Reich"

2. Fotos und Bilder
- Internetauftritt der Landeshauptstadt Saarbrücken
- Internetseite WIKIPEDIA
- Société pour la Promotion de l`Identité Culturelle et Historique

 

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