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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Ursula Brekle

Familie Stauffenberg

Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 drohte Himmler: „Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied.“ Vor Ihnen liegt die spannungsreiche Geschichte, die beweist, dass es Himmler nicht gelungen ist, die Drohung wahrzumachen.

Stiftskirche St. Arnual

Stiftskirche St. Arnual

Rita Dadder

Eine bedeutende Kirche - oder

„Wie kam E.T. nach Saarbrücken?"

Die Stiftskirche St. Arnual im gleichnamigen Stadtteil von Saarbrücken ist eine der ältesten und bedeutendsten Kirchen im Saarland. Im Stil ist das Kirchenschiff gotisch und die Turmhaube barock. An der Stelle des heutigen Kirchenbaus sollen mindestens zwei Vorgängerkirchen gestanden haben. Als Gründer der ursprünglichen Kirche gilt der Überlieferung nach ein Mann, der sowohl ihr als auch dem sie umgebenden Ort seinen Namen gab: Arnulf, auch Arnould, Arnoald oder französisch Arnoul genannt. Er war von 614 bis 629 Bischof von Metz. In der Katholischen Kirche wird er als Heiliger verehrt. Er soll das Gebiet an der oberen Saar und weite Bereiche des Bliesgaus vom Merowingerkönig Theudebert II. übertragen bekommen haben. Kirchenpolitisch gehörte die Region lange Zeit zum Bistum Metz.

Ende des 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die heutige Kirche errichtet. Die Turmhaube entstand 1748 nach Plänen des bedeutenden Baumeisters Friedrich Joachim Stengel (1694-1787). Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche erstmals urkundlich erwähnt. Als Gründer nennt die Urkunde den Namen „Odacrus". Ein Graf Odaker regierte Ende des neunten und Anfang des 10. Jahrhundert im Blies- und im Ardennengau. Es ist davon auszugehen, dass er es war, der den damaligen Kirchenbau bzw. das dazu gehörende Anwesen gestiftet hat.

Als Stifte bzw. Stiftskirchen werden solche bezeichnet, die von einem reichen Gönner geschenkt oder finanziert und einer Ordensgesellschaft oder einer anderen religiösen Institution, insbesondere einer Gemeinschaft von Kanonikern mit einer (religiösen) Zweckbestimmung übertragen wurden. Kanoniker, auch Stiftsherren/-damen oder Chorherren/-damen genannt, sind Kleriker unterschiedlicher Weihestufen, die sich zum gemeinsamen Kirchen- und Gottesdienst zusammengeschlossen haben.

Tumba der Elisabeth von Lothringen
Tumba der Elisabeth von Lothringen

Bis zum Jahr 1569 wurde die St. Arnualer Stiftskirche von Chorherren betreut, die nach den Regeln des Kirchenlehrers Augustinus (354-430) lebten. Nur wenige von ihnen waren Geistliche. Die meisten waren Männer mit niedrigen Weihen, die nicht zur Ehelosigkeit (Zölibat) verpflichtet waren. Mit der Stiftung verbunden waren regelmäßig weitere Zuwendungen, Rechte oder Privilegien, z.B. die Übertragung von Ländereien, Bauernhöfen oder Herbergen bzw. die Berechtigung Steuern zu erheben. Bis ins Jahr 1549 war die Stiftskirche die einzige Pfarr- (Parochial-)kirche in Saarbrücken.

Im Jahr 1456 bestimmte Gräfin Elisabeth von Lothringen, Witwe des Grafen Philipp I. von Nassau-Saarbrücken, die St. Arnualer Stiftskirche zur letzten Ruhestätte für sich selbst, die gräfliche Familie sowie deren führende Gefolgsleute. Zuvor hatte die Abtei Wadgassen dem Saarbrücker Fürstenhaus als Grablege gedient. Bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts erfüllte nun St. Arnual diese Funktion, danach ging sie an die Saarbrücker Schlosskirche über. 

Grabmal Philipps III. mit seinen beiden Gemahlinnen; ganz links: Graf Johann IV.
Grabmal Philipps III. mit seinen beiden Gemahlinnen; ganz links: Graf Johann IV.

Die hohen Adligen legten großen Wert darauf, in bedeutenden Kirchen bestattet zu werden. Dazu machten sie Stiftungen, die mit der Auflage verbunden waren, dass für ihr Seelenheil gebetet und Messen gelesen würden. Auch wurden ihre Gräber dadurch unmittelbar in ein Gotteshaus integriert, in dem gebetet, gebeichtet und die Heilige Messe gefeiert wurde. An einem solchen Ort hatte der Teufel keine Vollmachten, musste es sich also versagen, sich der Verstorbenen, die nicht immer ein gottgefälliges Leben geführt hatten, zu bemächtigen und sie in die Hölle zu entführen.

In der Stiftskirche St. Arnual sind mehrere Boden- und Wandgräber, u. a. das der Elisabeth von Lothringen, das Grabmal von Graf Johann III. († 1472 ) mit seinen beiden Gemahlinnen und das Standgrabmal des Grafen Philipp III. († 1602) und seiner beiden Ehefrauen erhalten geblieben. Die Reliefs und Verzierungen geben ein gutes Beispiel auch für das Kunstverständnis der damaligen Zeit.

Relief am Fuß des Grabmals von Johann Nikolaus von Hagen
Relief am Fuß des Grabmals von Johann Nikolaus von Hagen

Als ich die Kirche mit Familie zuletzt besuchte, wurden wir von einem außerordentlich freundlichen Küster willkommen geheißen, der uns sehr vieles über die Kirche erklären konnte. Er machte uns auch auf zahlreiche Figuren aufmerksam, mit denen das Kircheninnere geschmückt ist. Unter anderem zeigte er mir das Grabmal von Johann Nikolaus von Hagen († 1622) und seiner Gattin, zu dessen Füßen ein Relief zu sehen ist, das der Filmfigur E.T. verblüffend ähnlich sieht. Stand die Grafschaft Saarbrücken etwa auch im Blickfeld von Außerirdischen?

Seit 1575 ist die Stiftskirche St. Arnual durch Dekret des Grafen Philipp III. von Nassau-Saarbrücken protestantisch. Sie dient der evangelischen Gemeinde von St. Arnual als Pfarrkirche und wird vom Gemeindebüro Stift St. Arnual verwaltet. Der Küster hat uns auch zur weihnachtlichen Mitternachtsmesse eingeladen, die in jedem Jahr stilvoll in der Stiftskirche gefeiert wird. Zum nächsten Weihnachtsfest wollen wir der Einladung gern folgen.

EingangsportalInnenraumKirchenfenster von György Lehoczky (Apsis)Tumba des Grafen Johann III. und GemahlinnenGrab Johann-Nikolaus v. Hagen u. Ehefrau; unten links: Relief  E.T.Wandverzierung FrauenkopfKuhn-Orgel (erbaut 1995)WandgrabmalTaufbeckenBlick auf die Stiftskirche

 

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Literatur:
Friedrich Stahl: ››Alt-Saarbrück‹‹ im Wandel der Zeiten. Gesellschaft für bildendes Schrifttum, Saarbrücken 1966.

Fotos: Rita Dadder

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