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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Friedrich W. Kantzenbach

Erfundenes Glück

Der Autor beschäftigt sich auf lyrischem Weg mit den essentiellen Dingen des Lebens. Er reflektiert seine reichen literarischen Begegnungen und verarbeitet Reiseerlebnisse und persönliche Bekanntschaften mit Menschen, die ihn beeindruckten. Zunehmend durchdringen die Themen Krankheit, Tod und Vergänglichkeit seine Texte.

 

Das Hufeisen auf dem Breitenstein

Das Hufeisen auf dem Breitenstein

Ferdinand Luxenburger

Vor der Feste Montclair befindet sich, wenn man auf die Burg zugeht, rechter Hand ein mächtiger Felsen, von dem der Besucher von oben aber nur einen flachen Stein wahrnimmt. Heute ist er mit einem Geländer gesichert. Tatsächlich reichen seine Seitenwände fast bis zur Saar hinunter. Im Volksmund heißt dieser Felsen Breitenstein. Es gab im Saargau eine Zeit, da kannte jedes Schulkind den Breitenstein. Denn die Geschehnisse, die sich der Sage nach auf diesem Felsen abgespielt haben, wurden zu Volksschulzeiten im 3. spätestens aber im 4. Schuljahr vom Dorfschullehrer seinen Schützlingen vorgelesen, die dann eine Nacherzählung schreiben mussten. Die Nacherzählung wurde nicht von allen Kindern geliebt, die Sage aber schon.

Auf besagter Steinplatte ist heute noch eine eingemeißelte Radspur nebst einem Hufeisen zu sehen. Man erzählt sich, dass ein Burggraf sie habe einmeißeln lassen.

Einst hatte einer der mächtigsten Grafen von Montclair eine Tochter von sagenhafter Schönheit. Das wunderhübsche Burgfräulein war auch noch überaus tugendhaft, von frohen Sinnen und jedermann zugetan, weshalb sie weit über die Grenzen des Saargaus hinaus bewundert und geliebt wurde.
Der Breitenstein über der Saar
Der Breitenstein über der Saar

So ist es nicht verwunderlich, dass viele junge Ritter zur Feste Montclair kamen, um ihr ihre Ehrerbietung darzubringen und um ihre Hand anzuhalten. So ging es jahraus und jahrein bis das edle Fräulein irgendwann einem stolzen Ritter aus deutschen Landen ihre Huld und schließlich ihr Herz schenkte. Ihr Vater, der Graf von Montclair, hätte es jedoch lieber gesehen, wenn sie einen welschen Ritter genommen hätte, der auch um ihre Hand anhielt. Denn dieser soll zwar stolz und jähzornig gewesen sein, aber er soll sehr viele Güter und Burgen besessen haben. Der Ritter aus dem deutschen Lande hatte neben seiner hohen Gestalt und einem edlen Wesen keine nennenswerten Reichtümer vorzuweisen.

Das edle Fräulein hatte ihre Wahl getroffen und hielt standhaft daran fest, da halfen kein Bitten und kein Drohen des mächtigen Grafen. Weil also keine Einigung in Sicht war, wurde der Burgherr wütend und sprach voll Zorn zu ihr: „Nur der Ritter, der zwei Pferde vor einen Wagen gespannt im voller Fahrt auf den Breitenstein lenkt und auf diesem unter Gefahr für Leib und Leben wendet, soll dein Gemahl werden!". Der Burgherr hatte diese Art des Wettstreites gewählt, weil er wusste, dass der welsche Ritter nicht nur ein gute Reiter sondern auch ein exzellenter Wagenlenker war. Das edle Töchterlein sah dem Tag der Entscheidung mit bangem Herzen entgegen.

Viele Ritter und viele Edelfrauen mit ihren Kindern, aber auch viele Bauern zogen am festgesetzten Tage zum Breitenstein bei der Montclair, um dem Spektakel beizuwohnen und die Entscheidung mitzuerleben. Alle waren aufgeregt und in freudiger Erwartung ob der Dinge, die da kommen sollten. Nur das verzweifelte Töchterlein des Grafen saß bleich und verschüchtert inmitten der edlen Besucherschaft und hoffte auf einen guten Ausgang des Wettstreites.

Der Hufabdruck auf dem Breitenstein
Der Hufabdruck auf dem Breitenstein

Ein Herold gab die Bedingungen für die gefährliche Wettfahrt bekannt und schon kam der welsche Ritter als erster mit einem prächtigen Wagen, vor den feurige Rosse gespannt waren, stolz herangeprescht. Nach kurzem Halt vor der Zuschauerschar und einem edelmännischen Gruß jagte er in siegessicherer Haltung auf den Breitenstein. Dort wendete er scharf die Rosse in voller Fahrt. Der prächtige Wagen machte aber die schneidige Bewegung der Pferde nicht mit und kippte um. Ein Raunen ging durch das Zuschauerrund, als der Welsche auf den harten Stein stürzte. Nun war es am deutschen Ritter, seine Fahrkunst zu zeigen.

Gespannt beobachtete jedermann, wie er sich auf den Wagen schwang und mit fester Hand die Zügel ergriff. Nach einem letzten Blick gen Himmel lenkte er das Gespann in schneller Fahrt auf den Felsen und wendete gekonnt Gespann und Wagen an Ort und Stelle und verließ den Breitenstein als Sieger diese denkwürdigen Wettstreites. Das Volk aber jubelte und erzählte sich hinter vorgehaltener Hand, dass ihm eine unbekannte Macht geholfen haben musste. Der Graf hielt sein Wort und gab die überglückliche Braut in die Arme ihres Geliebten. Und schon bald konnte man die Hochzeitsglocken läuten hören.

Den welschen Rittersmann aber überkam sein Jähzorn, er schwang sich auf sein Pferd, gab ihm die Sporen und ritt in vollem Galopp auf den Breitenstein. Fluchend stürzte er sich von dort mit seinem Ross in den Abgrund, wo beide in den Wassern der Saar verschwanden.

Zum Andenken an dieses merkwürdige Ereignis ließ der Graf Radspur und Hufeisen in den Breitenstein einmeißeln.

 

*****

Quelle: vgl.: Sagen und Geschichten des Kreises Merzig Wadern, herausgegeben von Matthias Enzweiler, Saarhölzbach 1955 

Fotos: Ferdinand Luxenburger

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