„Beim Teutates!" Dieser Ausruf der beiden unbeugsamen Gallier ist sicherlich jedem Leser ihrer zahlreichen Abenteuer bekannt. Dass dieser Ausruf aber nicht nur in der Bretagne den Römern in den Ohren klang, sondern vielleicht auch im Wald von Bierbach (heute Stadtteil von Blieskastel) ertönte, ist zwar nicht überliefert aber denkbar.
Wir befinden uns im Jahr 50 v. Chr. (na ja, so ungefähr). Das ganze Saarland ist von den Römern besetzt - na ja nicht ganz, das „gallische Därfsche am Golleschdään", von unbeugsamen Galliern bevölkert, hört nicht auf dem Eindringling Widerstand zu leisten (s. Der Gollenstein von Blieskastel).
Teutates ist ein Gott der keltischen Mythologie (s. Die Kelten an Blies und Saar). Er ist der eigentliche Stammesgott und der väterliche Förderer in Krieg und Frieden. Nach der „Interpretatio Romana" glichen die Römer diese fremden Götter den eigenen an. So wurde Teutates sehr häufig der Beiname des römischen Gottes Mercurius oder ihm gleichgesetzt.
1927 wurde im Bierbacher Klosterwald ein gallo-römischer Tempelbezirk ausgegraben. Er bestand aus einer großen Umfriedungsmauer und verschiedenen baulichen Anlagen. Hierzu zählten auch zwei Tempel, die durch einen gemeinsamen Umgang zu einem Doppeltempel zusammengefasst wurden. Der Tempel war vermutlich dem Gott Merkur und seiner Gefährtin, der Göttin Rosmerta, geweiht. Ein großer Münzfund gibt über die Datierung des Tempelbezirkes Auskunft. Demnach bestand dieser seit Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. bis zum Ende des 4. Jahrhunderts.
„Es wurden ein großer Teil einer Umfriedungsmauer sowie sechs bauliche Anlagen festgestellt. Bei zwei davon handelt es sich unzweifelhaft um Tempel, deren Fundamente unmittelbar nebeneinander liegen. Es fanden sich Reste der Tempelmauern. Beide Gebäude haben eine ungefähre Breite von 4,9 m und eine ungefähre Länge von 5,8 m. Jeder Tempel hatte einen Umgang. Die beiden Umgänge grenzten aneinander. Es wurden Postamentsteine für Stützen von Überdachungen der Umgänge entdeckt. Diese und die Frontmauern liegen in einer Flucht. Die beiden Tempel bildeten somit lt. Landeskonservator Carl Klein einen Doppeltempel mit gemeinschaftlichem Umgang. (... ) Es wird festgestellt, dass das Mauerwerk ohne Mörtel ausgeführt wurde. Daraus folgernd wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass auf den Tempeln kein Dach ruhte, sondern ein gemeinschaftliches Dach für die Umgänge und beide Tempel vorhanden gewesen sein könnte. (.....) Der Konservator hält es für höchstwahrscheinlich, dass das Heiligtum als Doppeltempel zur Verehrung des keltischen Götterpaares Merkur und Rosmerta errichtet wurde.
Seiner Ansicht nach belegen der gefundene Merkur-Torso, sowie eine im Tempelbezirk gefundene Inschrift auf der Platte eines Gesimses eines Abdecksteins „DEO MERKURIO SOLINUS SATURNINI EX VOTO", dass einer der Tempel dem keltischen Gott Merkur (gleichzusetzen mit dem römischen Gott Merkur) geweiht war.
Carl Klein geht daher davon aus, dass es sich bei dem nicht näher zu bestimmenden Kopf einer Göttin um die keltische Gottheit Rosmerta handeln müsse." (Quelle: „Germania. - 11 (1927/28), S. 121-127).
Kommen wir nun zur Beantwortung der Frage: „Wer ist nun, beim Teutates, diese Rosmerta"?
Rosmerta ist eine keltische Göttin, die als Begleiterin des römischen Gottes Mercurius mit Heroldsstab (caduceus) sowie mit Geldbeutel, Opferschale (patera) und Füllhorn dargestellt wird. Belegt ist die Funktion als Wohlstandsgöttin durch Inschriften von Statuen aus Gebieten in denen sich die römische und gallische Götterwelt vermischten. Merkur und Rosmerta werden daher häufig als Paar dargestellt. Dabei trägt Rosmerta (z.B. Relief von Remchingen, Baden-Württemberg) ein „transkulturelles" Gewand. Sie trägt einen griechischen Chiton, darüber eine römische Palla. Merkur ist bis auf sein Schultermäntelchen und den Flügelhut nackt.
Im Südwesten Deutschlands und in Frankreich sind mehrere Tempel und Standbilder der Rosmerta zusammen mit Merkur überliefert.
Teutates (gleichzusetzen mit Merkur) und seine keltische Partnerin Rosmerta waren also schon vor mehr als zwei Jahrtausenden ein Sinnbild für den typischen Saarländer: Seit Generationen hin und her gezerrt zwischen Franzosen und Deutschen, beherrscht von Stahlbaronen oder Präfekten aus Lothringen, haben die Saarländer gelernt, selbst zurechtzukommen und es gleichzeitig anderen recht zu machen.
"Die saarländische Ausgewogenheit ist quasi die Harmonie der Widersprüche", sagte der Schriftsteller Ludwig Harig.
Dem ist nichts hinzuzufügen - beim Teutates!
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- Vorschaubild: Relief von Rosmerta (links) and Mercurius (rechts), Autun, Frankreich. CC-BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons
- Gallisch-römischer Tempel in Schwarzenacker, Rekonstruktion eines der beiden Tempel aus dem Bierbacher Klosterwald. Foto: Rita Dadder
- Rosmerta und Teutates, römisches Relief, Museum St Remi, Reims. Urheber: Fab5669, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons