Als typisch saarländisch bezeichnete Ludwig Harig die Harmonie der Widersprüche. Um es gleich vorab klar zu stellen, natürlich unterscheiden sich die lothringischen und saarländischen Nachbarn auch.
So ist z.B. das Saarland bei der Geburtenrate (1,3/Saarländerin) das Schlusslicht in Deutschland (1,4 Kinder/Einwohnerin), während die französischen Nachbarinnen mit stolzen 2,01 Kinder/Französin einen europäischen Spitzenplatz einnehmen. Dennoch gibt es auch hier nach Detlef Schönauer einen Ausgleich: da die saarländischen Kinder dicker sind herrscht, auf die Gesamtmasse bezogen, wieder Gleichgewicht.
Kommen wir nun aber zu einer Harmonie ohne Widersprüche: Zeugnisse unserer Saar-Lor- Lux-Heimatregion und unserer gemeinsamen, grenzüberschreitenden Geschichte und Kultur stellen die alten Bauernhäusertypen dar. Beim Häuserbau wandten sich die Bauern ab Ende des 17. Jahrhunderts in unserer Region von den bis dahin üblichen so genannten Streuhöfen ab. Statt eines größeren Gebäudes mit Wohnung und Stall samt umliegenden kleineren Wirtsschaftsteilen entschied man sich nunmehr für ein großes Einhaus, in dem gewissermaßen alles unter einem Dach untergebracht war.
Dabei setzten sich an der Saar zwei Typen von Einhäusern durch:
Im westlichen, vom Kondominium aus Herzogtum Lothringen und Kurtrier geprägten, Bezirk Merzig-Saargau, wurde das Lothringer Bauernhaus gebräuchlich, wobei hier das Bauen nach lothringisch französischem Vorbild meist entlang schnurgerader Straßen erfolgte. Die Häuser wurden meist als eine geschlossene Häuserzeile aneinander gereiht, also Giebel an Giebel.
Das Haus Saargau in Gisingen ist ein Beispiel dafür. Es beherbergt zudem ein kleines Museum, in dem auch die typische Inneneinrichtung eines Lothringerhauses bewundert werden kann.
Im südlichen Teil des heutigen Saarlandes setzte sich hingegen das freistehende südwestdeutsche Bauernhaus durch. Es hatte den Vorzug, dass alle Räume Tageslicht erhielten. Im Eppelborner Ortsteil Habach steht ein „Südwestdeutsches Bauernhaus", das als Museum der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Bei beiden Typen gibt es sehr viele Gemeinsamkeiten:
So ursprünglich, eine deutliche, meist schon an der Außenfassade durch Verwendung eines senkrecht verlaufenden Schmuckbandes (Lisene) erkennbare Trennung zwischen Wohn- und Wirtschaftsteil (bestehend aus Stall und Scheune samt großem Scheunentor zur Straße und zum Hof hin). Dazwischen verlief ein von der Haustür bis zur Hoftür an der Rückseite reichender Korridor. Besondere Aufmerksamkeit wurde in der Regel der von Fenstern zweiachsig gerahmten Eingangstür zum Wohntrakt geschenkt, die von einem aufwendig gestalteten Türsturz bekrönt war. Dort wurde der die Jahreszahl der Fertigstellung sowie die Namen, Wappen oder Monogramme der Bauherren eingetragen. Auch die Laibungen der Fenster, die mit Holzklappläden versehen waren, und die Türen waren häufig plastisch und farblich hervorgehoben (meist brauner, rötlicher Sandstein). Zumindest die „Schokoladenseite" zur Straße hin war sorgfältig verputzt. Über den Kalkputz wurde in der Regel dann ein Anstrich in Weiß aufgetragen.
Typisch für das Lothringerhaus, und damit leicht von dem südwestdeutschen Einhaus zu unterscheiden, war neben der Eindeckung mit Flachziegeln (Mönch-Nonne-Ziegel), eine vergleichsweise flache Dachneigung. Es verfügte zudem auf ganzer Länge unter dem Dach über eine Art Halbgeschoss, das so genannte „Drempelgeschoss" mit Belüftungsluken für den dahinter liegenden Lagerraum. Dies war bei dem deutlich steileren Dach des südwestdeutschen Hauses nicht nötig, da durch die höhere Dachneigung bedingt, mehr Stauraum zur Verfügung stand.
Die „Mischdkaul", vor dem Haus war bei beiden Typen selbstverständlich (und ein Symbol für den Wohlstand des Besitzers), genauso wie der Baum (meist Linde oder Nuss- oder Birnbaum) vor der Eingangstür sowie der Bauerngarten hinter dem Haus. Dies gilt für beide Haustypen.
Ein dritter Typ entstand im Verlauf der industriellen Entwicklung des Saarlandes im 19. Jahrhundert: Das Arbeiterbauernhaus. Ähnlich gegliedert wie das südwestdeutsche Bauernhaus, ist es viel kleiner. Meist musste die bäuerliche Nebenerwerbswirtschaft ja von der Frau alleine betrieben werden, da: „der Mann uff de Gruub odder im Eisewerk geschafft hat".
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Textquellen:
wikipedia und Peter Lembert: Zwei Bauernhaus-Typen prägen die Ortsbilder in: Saarbrücker Zeitung, 8./9. März 2014, S. E8 (via wikipedia)
Bildquellen:
- Vorschaubild: Bauernhaus in Gersheim (Bliesgau). Urheber: EHaseler, Lizenz CC-BY-3.0, via wikimedia commons
- Lothringerhaus in Hemmersdorf, Lothringer Str. 129 (4), Urheber: Lokilech, CC-BY-SA 3.0, via wikimedia commons
- Bauernhaus in Wolfersheim (Stadtteil von Blieskastel, Saarland) Urheber: atreyu, Lizenz CC-By-SA 3.0, via wikimedia commons
- Arbeiterbauernhaus von 1846, Limbach (Kirkel), Urheber: Gripweed, CC-BY-SA 3.0, via wikimedia-commons