Während seiner Studienzeit in Straßburg (1770/71) bereiste Johann Wolfgang von Goethe gerne und häufig die Umgegend seines Studienortes. In seinen Erinnerungen schreibt er auch von einem Besuch im „Saarbrückischen". Mehr noch als diese Reise aber haben seine Besuche in dem kleinen Ort Sesenheim (heute Sessenheim geschrieben) im Elsass in der Literatur nachgewirkt. Ein Studienfreund hatte den damals 21-jährigen eingeladen, ihn zur Familie des Sesenheimer Pfarrers Johann Jacob Brion (1717-1787) zu begleiten. Zur Pfarrersfamilie gehörten ein Sohn und vier Töchter. Die zweitjüngste hieß Friederike und war eine hübsche und anmutige junge Frau von damals 19 Jahren. In sie verliebte sich Goethe.
Die beiden unternahmen Spaziergänge und Wanderungen durch die Umgebung von Sesenheim und waren bis zum Sommer 1771 ein Paar. Seine Verliebtheit brachte Goethe in mehreren Gedichten zum Ausdruck, die als „Sesenheimer Lyrik" in die Literaturgeschichte eingegangen sind. Vier davon, „Willkommen und Abschied", „Maifest", „Mit einem gemalten Band" und „Heideröslein" gehören zu den besten und beliebtesten, die er geschrieben hat.
Die Welthistorie kennt nur wenige große Liebesgeschichten. Friederike, Sesenheim, Goethe und seine eingängige Lyrik gehören unbedingt dazu.
Von der alten Pfarrkirche und dem Pfarrhaus ist leider nur wenig übrig geblieben. An Goethe erinnern das restaurierte Gestühl in der protestantischen Pfarrkirche, die alte „Goethe-Scheune" neben dem Pfarrhaus, der Goethe-Hügel „Friederiken Ruh", ein bronzezeitlicher Tumulus, auf dem sich das verliebte Paar häufig aufgehalten hat, die Gedenkstätte, „Memorial Goethe" und das Goethe-Museum in der „Auberge au Bœuf". Zusätzlichen Reiz bieten die Felder und Wälder rund um Sessenheim. Nachdem ich meine heutige Frau kenngelernt hatte, war es mir ein Anliegen, sie bald an diesen idyllischen Ort zu führen. Für Saarländer ist die Strecke nach Sesseneheim ein nicht sehr weiter und landschaftlich reizvoller Tagesausflug.
- - - - -
Anmerkung.:
Für diejenigen, die sich in das Sesenheimer Liebesidyll vertiefen wollen, empfehle ich das Büchlein Raymond Matzen, Goethe und Friederike Brion, Morstadt Verlag, Kehl-Straßburg-Basel, 1 Aufl. 1995.
*****
Vorschaubild und Fotos in der Galerie: Florian Russi
Porträt "Friederike Brion" im Text oben rechts: gemeinfrei, bearb. von Rita Dadder