Zeitzeugen nennen ihn den „besten Fußballer, den das Saarland je hatte". Das Ereignis vom 21. Februar 1951 steht an Position eins in der Hitliste des Kurt Clemens: 4:0-Sieg des 1. FC Saarbrücken bei Real Madrid! Als der FCS Spielführer einige Minuten vor Schluß die Spielfläche im Stadion Chamartin verließ, erhoben sich 55 000 Zuschauer und applaudierten laut und lange. Clemens: „Ich dachte, der General Franco sei gerade angekommen und ihm gelte der stürmische Beifall."
Seine Supervorstellung in der spanischen Hauptstadt hatte die Wirkung des Steines, den man in einen Teich wirft und das Wasser dann immer größere Kringel dreht. In den Stadion-Katakomben war er rasch von Leuten umringt, die ihn mit Komplimenten überhäuften und offen ihr Interesse für seine Dienste bekundeten. In den Kommentaren der iberischen Presse am nächsten Morgen wurde die FCS-Mannschaftsleistung in den allerhöchsten Tönen gelobt, doch die Darbietung des Kurt Clemens noch höher angesiedelt. Eine „actuación brillantissima" (äußerst brillante Leistung) bescheinigte eine Madrider Gazette dem Homburger: „Der Rechtsaußen Clemens durchlief mit außergewöhnlichem Geschick alle Positionen der Abwehr und des Angriffs." Real-Torhüter Domingo meinte: „Alle Saarbrücker sind großartige Spieler, aber dieser Clemens ist ganz überragend. Er müßte hier bei uns spielen." Der Renommierklub aus der Metropole meldete sich alsbald: Ein Angebot über umgerechnet 300 000 DM, Absender Real Madrid, flatterte ins Homburger Haus. „Dieser Betrag wäre damals Europarekord gewesen", weiß Kurt Clemens. Wenig später bot Atletico Madrid für Fritz Walter „nur" 280 000 DM. Doch der Real-Flirt des Saarländers fand jäh ein Ende. Vier Wochen nach dem Madrid-Triumph zog er sich im Saarbrücker Spiel gegen Partizan Belgrad, in dem „Tschik" Cajkovski sein direkter Gegenspieler war, einen doppelten Schädelbasisbruch zu. Clemens: „Da habe ich die Kontakte mit Real abgebrochen und mir gesagt, für den FC Nancy wird es noch reichen." Der lothringische Klub hatte ihm schon zuvor eine Offerte unterbreitet. Nancy zahlte umgerechnet je 50 000 DM an den 1. FCS und an den Spieler. Madrid ließ ein Jahr später den Triumphator noch einmal grüßen:
Nancy spielte im Chamartin-Stadion gegen Spanien B, gewann 3:2 mit Clemens als Torschütze. Dann gab es noch einen Spanien-Kontakt: 1953 ließ der FC Barcelona in Nancy anfragen, ob Kurt Clemens zu haben sei. Der sollte bei den Katalanen die Nachfolge des berühmten Kubala antreten. Gleichzeitig buhlte der 1. FCS, von dem er nicht im allerbesten Einvernehmen geschieden war, erneut um seine Gunst. Clemens erteilte sowohl Barcelona als auch den „Molschdern" Absagen. „Ich hatte Saar 05 schon eine Zusage gegeben. Die habe ich auch eingehalten." Von 1953 bis 1963 bestritt der begehrte Spieler 173 Oberligaspiele für die St. Johanner - trotz seiner gravierenden Verletzungen.
In den vier WM-Qualifikationsspielen 1953/54 gegen Norwegen und die Bundesrepublik gaben ihm viele Journalisten, auch ausländische, mehrfach das Prädikat „Weltklasse" und stellten ihn mit Fritz Walter auf eine Stufe. Der damals international bekannte Spielermanager Julius Ukrainczyk reihte Kurt Clemens gar in eine imaginäre Europa-Auswahl ein, in der Fritz Walter „nur" Ersatzmann war. Und Sepp Herberger bedauerte immer wieder, den Ball-Ästheten aus politischen Gründen nicht für Deutschland spielen lassen zu können.
„Ich war bei weitem nicht voll einsatzfähig. Weil ich mir nichts zugetraut habe, konnte ich höchstens 50 Prozent meiner Leistungsfähigkeit entfalten." Die Gründe dafür: Erst der doppelte Schädelbasisbruch. Dann im Trikot des FC Nancy einen totalen Bänderabriß. Und... und... und. Der Vollblutfußballer Clemens spielte lange Zeit mit abgerissenen Bändern. „In der WM-Qualifikation wurde ich trotz der kaputten Menisken eingesetzt. Ich hatte zuvor alle Kapazitäten der damaligen Zeit aufgesucht. Ohne Erfolg! Ich hatte ein Schlotterknie", lebte er mit dem Handicap.
Kurt Clemens war beruflich im saarländischen Finanzministerium als Übersetzer tätig. Fußball spielte er vor seinem Wechsel nach Saarbrücken bei Union Homburg, beim VfL Homburg und dann bis 1948 beim FC Homburg. Mit dem 1. FCS (1948 bis 1951) wurde er Meister der zweiten französischen Division bei einer eigenen Trefferquote von 26 Toren und bestritt auch in diesem Zeitraum viele internationale Spiele.
Clemens besitzt die Fußballehrer-Lizenz. 1969 hätte das Gespann Jupp Derwall/Kurt Clemens Nationaltrainer in Luxemburg werden sollen. Alles schien schon klar. Doch weil der Homburger dann seinen Job im Ministerium verloren hätte, sagte das Duo Derwall/Clemens dem Verband im Großherzogtum ab.
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In der saarländischen Nationalmannschaft spielten auch:
- Herbert Binkert
- Herbert Martin
- Erwin Strempel