„Der Dicke muss weg!" - ich erinnere mich als Kind (ich bin Jahrgang 1947) habe ich die diese kleinen roten Aufkleber an Laternen und Regenfallrohren gesehen. Heute, mit dem zeitlichen Abstand und vielleicht auch mit der räumlichen und emotionalen Distanz eines „Ex-Saarländers" der seit 1976 in Cuxhaven lebt, fasziniert mich die persönliche und politische Vita dieses 1. Ministerpräsidenten des Saarlandes, der einerseits noch heute ein höchst zwiespältiges Bild bei seinen älteren Landsleuten hinterlassen hat, andererseits bei der Jugend in völlige Vergessenheit geraten ist.
JoHo, wie ihn Freunde und Gegner bezeichneten, wurde 1890 in Landsweiler-Reden geboren. Er stammte aus „einfachen" Verhältnissen, der Vater war Bergmann. Hoffmann studierte nach dem Abitur in Freiburg Journalismus.
Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er als Journalist beim Zentralorgan der Deutschen Zentrumspartei in Berlin. Später, als Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung, bezog er nach der Machtergreifung Adolf Hitlers sehr früh Stellung gegen den Nationalsozialismus. Er kämpfte in seinen Artikeln in der von ihm gegründeten Neuen Saarpost (auf Druck der Nationalsozialisten wurde er bei der SZ entlassen) gegen das nationalsozialistische Regime und gegen den Anschluss des Saargebietes an das Deutsche Reich. Die logische Folge war, dass er nach der Saarabstimmung emigrieren musste und über Frankreich und Luxemburg nach Rio de Janeiro gelangte.
1945 kehrte er ins Saarland zurück, gründete die CVP und wurde bald ob seiner persönlichen Integrität in zahlreiche Ämter gewählt und mit vielen Aufgaben betraut, u.a. als Mitglied der gesetzgebenden Versammlung, welche die Verfassung des Saarlandes verabschiedete.
Von 1947 bis 1955 war er dann der erste Ministerpräsident des Saarlandes. Durch seine Politik war das Saarland faktisch ein eigener Staat mit eigener Hymne (Ich weiß, wo ein liebliches, freundliches Tal...), eigener Fußballnationalmannschaft (Trainer war Helmut Schön) und startete z. B. 1952 in Helsinki mit einer eigenen Olympiamannschaft unter der Bezeichnung SAA, die allerdings keine Medaille holte.
Ziel der Politik Johannes Hoffmanns war: "... für die Saar eine Lösung zu finden, die zur Entspannung der deutsch-französischen Verhältnisse beiträgt und die notwendige europäische Einheit fördert", was in der praktischen Politik bedeutete, das Saarland wirtschaftlich und politisch von Deutschland zu trennen. Dies trug ihm mehr und mehr scharfe Kritik ein, die durch seine autoritäre Innenpolitik noch verstärkt wurde.
Nach der Saarabstimmung 1955, in der die Mehrheit der Saarländer das von Hoffmann propagierte „Saarstatut" ablehnte, trat er als Ministerpräsident zurück. Bei kritischer Betrachtung des damaligen ungeheuer emotional geführten Wahlkampfes zeigt sich, dass dieser Wahlkampf sich auf und vor allem gegen die Person Johannes Hoffmanns konzentrierte bzw. wandte, kaum auf oder gegen sein Programm.
Johannes Hoffman starb 1967 und ist auf dem Friedhof „Neue Welt" in Saarlouis beerdigt - Ironie des Schicksals - direkt neben seinem politischen Gegner und späteren Nachfolger Hubert Ney.
Die historische Bewertung des Werkes von Johannes Hoffmann ist umstritten wie seine Person. Sicherlich war die Kritik der 50er Jahre an seiner Politik absolut überzogen und verletzend, machte sie doch selbst vor persönlicher Verunglimpfung nicht halt - so wurde er z. B. als „Landesverräter" gebrandmarkt und seine Politik als „Demokratur" verspottet. Als die treibende Kraft dieser Kampagnen ist wohl Heinrich Schneider (1907-1974, Mitglied der NSDAP und seit 1933 Chef des Saarreferates im Reichsinnenministerium, später dann Mitglied der DPS/FDP) zu betrachten. Vergessen wird dabei heute, dass die von Hoffmann gewollte Europäisierung damals auch das erklärte Ziel der Bundesregierung unter Konrad Adenauer war.
Heinrich Küppers, Historiker an der Bergischen Universität Wuppertal, beschreibt in seiner umfangreichen Biographie Hoffmann als einen Politiker, dem man zu Unrecht mangelnden Patriotismus vorwarf. Vielleicht war die Zeit, vor allem aber die „Stimmungslage" noch nicht reif für seine politischen Visionen. Diesbezüglich kann man seine Politik als gescheitert bezeichnen.
Andererseits schreibt Robert Schuman (1886–1963), der „Vater Europas", über Johannes Hoffmann: "Es ist schwer, sich aus engen emotionalen Vorbehalten herauszulösen, Gewohnheiten und jahrhundertealte Vorurteile zu überwinden, um sich entschlossen auf den Weg des Fortschritts und der Zukunft zu stellen. Es ist das Verdienst klarsehender Männer, versucht zu haben, ihrer Zeit vorauszueilen, und es ist der Verdienst von Herrn Präsident Hoffmann, sich trotz der Schwierigkeiten, trotz der Unpopularität dieser Aufgabe gewidmet zu haben."
In dieser Beziehung ist Johannes Hoffmann damit vielleicht sogar ein Vorbild!
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Bildnachweise:
- Vorschaubild: Bronze-Relief "Johannes Hoffmann" (Kopf) an der Congresshalle Saarbrücken, Urheber: EPei, CC BY-SA 3.0 Bildquelle: Wikipedia
- "Johannes Hoffmann als Redner" und "Johannes Hoffmann bei einer Ehrung des Dillinger Dechanten M. Held": Fotos aus Privatbesitz mit freundlicher Genehmigung.
- Foto des Grabsteins von Johannes Hoffmann auf dem Friedhof "Neue Welt" in Saarlouis: Rita Dadder