Mitte des 20. Jahrhunderts arbeiteten noch über 65.000 Saarländer im Kohlebergbau („uff da Grub") und ca. 45.000 in der Eisenhüttenindustrie. Das waren die „Leitwirtschaften". Über die Hälfte der Saarländer war wirtschaftlich direkt oder indirekt von der Montanindustrie abhängig. Im Jahr 2012 wurde im Saarland die letzte Grube geschlossen. Die Eisenhütten beschäftigen heute noch ca. 21.000 Menschen. Wovon aber leben die andern?
Die saarländischen Landesregierungen haben vieles unternommen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen oder mehr noch: ins Land zu ziehen. Mit der Ansiedlung des Fordwerks in Saarlouis (Beschäftigtenzahl 2014: 6.500) und der Firma ZF in Saarbrücken (8.000 Mitarbeiter) gelangen zwei spektakuläre Erfolge. Wichtig war aber, dass sich auch aus dem Land selbst, seiner Universität und seinen Bewohnern heraus nachhaltige wirtschaftliche Projekte entwickelten. Hier wären vor allem IDS Scheer, Dr. Theiss Naturwaren und Kohlpharma zu nennen.
Ein Bereich, der früher vernachlässigt wurde, bringt alle Voraussetzungen mit, sich als ein weiteres Erfolgskonzept herauszustellen: der Tourismus. Das Saarland, das in der Vergangenheit als eine Region mit Industriestaub und schmutzigen Gewässern gekennzeichnet schien, bietet heute alles, was für Touristen interessant und verlockend ist. Ohne Gewichtung möchte ich 4 Hauptfaktoren dafür nennen: Natur und Landschaft, Geschichte, Gastronomie sowie Veranstaltungen und Geselligkeit. In all diesen Feldern hat das Saarland besonderes zu bieten.
Das Saarland ist ein grünes Hügelland, das von der Saar und vielen kleinen Nebenflüssen durchzogen wird. „Ich weiß, wo ein liebliches, freundliches Tal, von waldigen Bergen umgeben", hieß es in einer früheren Saarlandhymne. Die Saar ist längst kein totes Gewässer mehr, die Saarschleife bei Mettlach ein international bekanntes Naturkleinod. Der Anteil, den das Saarland an der Mosel hat, ist gekennzeichnet durch Weinberge, die einen süffigen Wein hervorbringen und durch seine Nähe zu Luxemburg und zur französischen Provinzhauptstadt Metz mit ihrer berühmten Kathedrale. Auch nach Trier, der ältesten Stadt Deutschlands, die früher sogar einmal eine der Hauptstädte des Römerreichs war, ist es nicht weit. Ergänzt wird das schöne Landschaftsbild durch den Bostalsee und den Losheimer Stausee, die Erholungs- und Wassersportmöglichkeiten bieten. Nicht zuletzt hält auch das Bliestal viele biotopische und historisch-kulturelle Reize bereit.
Was das Saarland über andere Regionen hervorhebt, sind seine vielen historischen Zeugnisse. Steinzeitmenschen, Kelten, Römer, Franken und Neuzeitler haben Spuren hinterlassen. Der „Hunnenring" bei Otzenhausen ist das zweitgrößte erhaltene Bodendenkmal aus der Keltenzeit, das sich heute noch in deren ehemaligem Siedlungsraum finden lässt. Der Europäische Kulturpark bei Reinheim fasst Fundorte und archäologische Kostbarkeiten aus 10.000 Jahren europäischer Geschichte zusammen. Im ehemaligen Römerdorf Schwarzenacker lässt sich nachvollziehen, wie unsere keltisch-römischen Vorfahren ihr Privatleben gestaltet haben. Der römische Mosaikfußboden in Nennig ist der größte und sehenswerteste nördlich der Alpen. Die römische Villa Borg gibt einen Eindruck davon, wie ein römischer Landbesitzer zu leben verstand. Von 20 in Deutschland erhaltenen Mithraskultstätten befinden sich 2 im Saarland.
Auch aus dem Mittelalter und der Neuzeit bewahrt das Saarland interessante und wichtige Stätten. Genannt seien nur die Benediktinerabtei in Tholey, das älteste Kloster auf deutschem Boden, die ehemalige französische Festungsstadt Saarlouis, das zum Weltkulturerbe gehörende Industriedenkmal Völklinger Hütte, der Hüttenpark in Neunkirchen oder das Bergbaumuseum Bexbach. In allem Ernst: Wo auf der Welt lassen sich auf so engem Raum so viele unterschiedliche Geschichtsdokumente finden?
Vergessen wir auch nicht die Gastronomie. Wenn in meinen jüngeren Jahren im Saarland jemand sagte, dass er mal „gut essen" gehen wollte, ging man wie selbstverständlich davon aus, dass er beabsichtigte, nach Lothringen oder ins Elsaß zu fahren. Heute hat das Saarland sehr viele hervorragende Restaurants und die größte Dichte von „Sterne-Köchen" in Deutschland. Dem saarlandtypischen Motto „Hauptsach gudd gess" kann heute hauptsächlich im Lande selbst gefrönt werden.
Betrachten wir noch den vierten Aspekt, Veranstaltungen und Geselligkeit. Hier kann man feststellen, dass die Zahl regionaler Feste in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Dieser Bereich ließe sich aber sicherlich noch ausbauen. Wenn ich eigene Vorschläge machen dürfte, würde ich kreative Volkswanderungen, ein größer angelegtes und beworbenes Viezfest und am Martinsabend ein Lampion-Kinderfest in Tünsdorf in Erwägung ziehen. Mit Interesse habe ich verfolgt, dass die Saarländische Tourismuszentrale in den letzten Jahren mit sehr guten Konzepten in Erscheinung getreten ist. In jedem Fall wird auch die Saarland-Lese weiterhin auf die vielen Sehenswürdigkeiten des Saarlands hinweisen.
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Fotonachweise:
Vorschaubild "Bostalsee" und Foto "Saarschleife": Rita Dadder
Foto "Abteikirche Tholey": Florian Russi
Fotos "Römischer Mosaikfußboden in Nennig" und "Hunnefeier in Schengen": Ferdinand Luxenburger