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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Magisches Lesevergnügen bietet Ingrid Annels Jugendroman, der den Leser auf eine Zeitreise ins Mittelalter führt.

 

Die Adolf von Galhau’sche Sophienstiftung in Wallerfangen

Die Adolf von Galhau’sche Sophienstiftung in Wallerfangen

Hans Herkes

Seit mehr als 150 Jahren gibt es in Wallerfangen eine Einrichtung zur Unterstützung Hilfsbedürftiger

Wer in die ostfranzösische Landschaft Burgund reist und nicht nur gut essen und trinken will, wird vielleicht in Beaune das Hospice, auch „Hôtel-Dieu" genannt, besichtigen, ein Krankenhaus, das um die Mitte des 15. Jahrhunderts Nicolas Rolin, der Kanzler des Herzogs Philipps des Guten von Burgund, gestiftet hat; und wer nicht nur wegen des guten Weines und der schönen Landschaft an die Mosel fährt, wird sich vielleicht in Kues durch das St. Nikolaus-Hospital führen lassen, ein Altersheim, das ungefähr zur selben Zeit wie das Hospice de Beaune von dem großen Gelehrten und Kardinal Nikolaus von Kues gegründet wurde.
Das St. Nikolaus-Hospital, vorne rechts die Kapelle
Das St. Nikolaus-Hospital, vorne rechts die Kapelle

Diesen beiden Einrichtungen kann sich die Adolf von Galhau'sche Sophienstiftung mit dem St.Nikolaus-Hospital in Wallerfangen nicht an die Seite stellen, was ihr Alter und die kulturhistorische Bedeutung der Gebäude angeht, sie ist ein halbes Jahrtausend später gegründet worden, im 19. Jahrhundert, aber sie kann auf mehr als 100 Jahre segensreichen Wirkens im Dienst der Kranken, der Alten und Armen und der Kinder zurückblicken.

Im Gegensatz zu den beiden oben erwähnten Gründungen waren die Anfänge bescheiden und ließen nicht erwarten, dass daraus ein Werk entstehen könnte, das ein Jahrhundert überdauern würde. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es noch keine geregelte Versorgung der Alten, Kranken und der nicht mehr Arbeitsfähigen. Wenn die Familie nicht für diese Personen einstehen konnte, war oft die Not groß, nicht nur in den entstehenden Industriezentren, sondern auch im ländlichen Bereich, wo durch Erbteilung der Grundbesitz so klein geworden war, dass sich eine Familie nicht mehr darauf ernähren konnte. So muss es auch in den Dörfern am Limberg, in Wallerfangen, Niederlimberg und St. Barbara, gewesen sein, wo ein kleiner Teil der Einwohner in der seit Anfang des Jahrhunderts bestehenden Villeroy'schen Steingutfabrik arbeitete, die meisten aber kleine Bauern oder Tagelöhner waren. Die Armut mancher Familien oder auch allein lebenden Personen muss buchstäblich in die Augen gesprungen sein, so dass andere, denen es besser ging, der Not ihrer Mitmenschen nicht mehr tatenlos zusehen wollten: Sie gründeten einen „Armenverein". Das war im Jahr 1838. Vorsitzender wurde der Pfarrer der katholischen Pfarrei zu Wallerfangen. Die Mitglieder entrichteten halbjährlich ihren Beitrag und sammelten darüber hinaus Geld und Gegenstände des täglichen Gebrauchs und verteilten beides unter den Bedürftigen.

Der Park zwischen der Geriatrie und dem Altenheim
Der Park zwischen der Geriatrie und dem Altenheim

Die Arbeit des Vereins muss vorbildlich, wenn nicht bewundernswert gewesen sein, schon in den ersten Jahren seines Bestehens wurden ihm Grundstücke und Gebäude geschenkt, in denen er eine Unterkunft für Obdachlose und einen Kindergarten, man sagte damals eine Kleinkinderbewahranstalt, einrichten konnte. Nicolas Villeroy, der Besitzer der Steingutfabrik, wollte den Kindergarten stiften, starb jedoch, ehe er den Plan ausführen konnte. Seine Erben erfüllten sein Vermächtnis. Das war der Anfang eines langen Weges mit Stiftungen und Gründungen wohltätiger Einrichtungen in Wallerfangen, der 1871 zur Sophienstiftung und 1878 zur Eingliederung des Armenvereins in diese Stiftung führte. 

Gründer dieser Stiftung war der in Wallerfangen begüterte und mit den Familien Villeroy und Boch verschwägerte Grundbesitzer Nicolas Adolphe de Galhau. Er übertrug der Stiftung ein Kapital von 60000 Talern, 180 000 Mark. Zu Ehren seiner Mutter Sophie Villeroy bekam die Stiftung den Namen Sophienstiftung. 1882 ließ Nicolas Adolphe de Galhau das St. Nikolaus-Hospital errichten, das Haus, das heute die Geriatrie beherbergt. Die Stiftung war in ihren Anfängen und bleibt bis auf den heutigen Tag mit den Namen Villeroy und de Galhau verbunden. Nicolas Adolphe de Galhau starb kinderlos. So ist es nur folgerichtig, dass zu den ständigen Mitgliedern des Kuratoriums der Stiftung neben dem Pfarrer und dem Bürgermeister von Wallerfangen immer auch ein Mitglied der Familie Villeroy gehört.

Ein Kreuz im Park
Ein Kreuz im Park

Schon der Vorstand des Armenvereins erkannte, dass man solche Einrichtungen nicht in ehrenamtlicher Vereinstätigkeit führen kann, auch wenn sie noch so klein sind. Zunächst suchte man eine geeignete Frau, die man zur Ausbildung nach Straßburg schickte, wo sie lernen sollte, einen Kindergarten zu leiten. 1848 wandte sich der Armenverein an das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern des hl. Karl Borromäus in Nancy mit der Bitte, drei Schwestern zu senden. Seitdem und bis zum heutigen Tag arbeiten Borromäerinnen in Wallerfangen.

Die Anfänge der sozialen Einrichtung in Wallerfangen liegen in preußischer Zeit lange vor der Entstehung der Kohlen- und Eisenindustrie an der Saar. Es folgten Jahrzehnte mit Ereignissen und Zeitabschnitten, die ihrer gedeihlichen Entwicklung eher abträglich waren. Drei deutsch- französische Kriege suchten das Grenzland heim. Am schlimmsten waren die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges mit zwei Evakuierungen, Plünderungen, Luftangriffen und Artilleriebeschuss. Die dabei entstandenen materiellen Schäden konnten wieder beseitigt werden, als die Gefahr vorbei war. Dagegen wurde die Stiftung in ihrer Existenz bedroht, als politische Kräfte an der Macht waren, denen eine katholisch geprägte Einrichtung wie die Sophienstiftung in Wallerfangen ein Dorn im Auge war, in der Zeit des Bismarck'schen Kulturkampfes und besonders unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. Sie hat auch diese Zeiten überstanden. Zuletzt wurde die Situation noch einmal bedrohlich in den 1970er und 1980er Jahren, als es darum ging, ob das St. Nikolaus-Hospital in den saarländischen Krankenhausbedarfsplan aufgenommen werden könne. Auch diese Schwierigkeiten konnten überwunden werden.

Eine Sitzecke im Park
Eine Sitzecke im Park
Heute finden sich unter dem Dach der Sophienstiftung in Wallerfangen vier Facheinrichtungen: eine Klinik für geriatrische Rehabilitation, in der alten Menschen dazu verholfen werden soll, in der Bewältigung ihres täglichen Lebens wieder zurecht zu kommen; ein Alten- und Pflegeheim, in das alte Personen aufgenommen werden, die auf Grund ihrer besonderen Situation nicht mehr allein leben können; ein Heim für Kinder und Jugendliche, denen in ihrem Herkunftsmilieu Hilflosigkeit oder Verwahrlosung drohen; eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für auf diesem Gebiet behandlungsbedürftige Personen aus dem Landkreis Saarlouis. Die Häuser, die diese vier Einrichtungen beherbergen, stehen in einer mehrere Hektar großen Parkanlage in der Nähe der Wallerfanger Pfarrkirche St. Katharina.

 

*****

Quelle:
Adolf von Galhau'sche Sophienstiftung. Anläßlich des 150jährigen Jubiläums der Schwestern vom heiligen Karl Borromäus. Ein Bericht von Gernot Karge, Wallerfangen1998

Fotos: Hans Herkes

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