Als der liebe Gott vor langer, vor wahrlich langer Zeit sich anschickte, das deutsche Land in Bistümer einzuteilen und deren Grenzen abzustecken, da gab es das Saarland noch nicht und ebenso wenig die Konzentration von einer ganzen Million Menschen an der Saar, was selbstverständlich nicht heißt, dass der Herr diese Entwicklung nicht vorausgesehen hätte. Wer wollte so etwas auch nur denken? Aber er hielt es schon damals für ein schwieriges Unterfangen, in ferner Zukunft zwischen lauter alten Bistümern ein neues zu gründen. An der Ruhr werde das eher gelingen, dachte er, aber an der Saar zwischen den alten Römerstädten Metz und Trier und Mainz und Speyer und Straßburg, da ist alles so fest gefügt, da gibt keiner gerne etwas her.
Wie es so zu sein pflegt im Himmel wie auf Erden, die Berater des Herrn waren uneins. Es bildete sich sogar eine Gruppe lokaler Größen, die für eine Art reservatio mentalis eintrat in der Weise, dass die spätere Zustimmung der tangierten Bistümer eine der Voraussetzungen ihrer Gründung sein sollte. So argumentierten St. Lutwinus, St. Hubertus und St. Paulinus, wobei ersterer der Wortführer war. St. Sebastian unterstützte die drei, war aber eher zurückhaltend. St. Wendalin und St. Oranna waren auch für ein späteres Saarbistum und eine schöne Bischofskirche, einen Dom in der Hauptstadt, die eines fernen Tages an der Saar entstehen sollte. „Ja", pflichtete St. Sebastian ihnen bei, „da führte schon zu meiner Zeit eine Brücke über den Fluss."
„Das ist ja das Problem", gab der Herr zu bedenken, „die kommenden Saarländer werden ein gutes und fleißiges Völkchen sein, treu und heimatverbunden. Und wenn sie einmal die Kohlen in der Erde entdecken, werden sie es auch zu etwas bringen, das Eisen haben sie ja schon gefunden, aber sie werden immer ein bisschen ärmer sein als die Menschen an Mosel und Rhein. Man soll sich von Metz, Trier und Speyer aus um sie kümmern. Sie sind bescheiden und werden das hinnehmen. So werden sie vor der Versuchung bewahrt, einen Dom wie in diesen Städten zu bauen und zu unterhalten, das würde sie überfordern."
St. Wendalin und St. Oranna leuchtete das ein, aber St. Lutwinus gab noch nicht auf. „Wie wäre es denn mit einem kleinen Dom?" fragte er, „sagen wir halb so groß wie Speyer, halb so altehrwürdig wie Trier und mit halb so vielen schönen bunten Fenstern wie Metz."
Das ist ein guter Gedanke", lobte ihn der Herr, „ihr sollt - pardon - ich meine, die Saarländer sollen einen kleinen, besser noch, mehrere kleine Dome haben. Du, Lutwinus, bekommst keinen. Mettlach liegt im Loch, man sähe ihn nicht, einen Dom muss man weithin sehen, auch einen kleinen, aber eine schöne Kirche sollst du haben. Die Dome müssen wir ein wenig über das Land verteilen, alle sollen etwas davon haben.
Hubertus und Paulinus, eure kommen in die Waldgegenden, aber weit auseinander, der eine an den Hochwald, der andere in den Warndt. Sebastian, wie kommst du eigentlich in die Clique? Du stammst doch gar nicht aus der Gegend. Na, gleichviel, du sollst im Köllertal eine schöne Kirche mit zwei Türmen haben. Wer ist jetzt noch da? Ah, Wendel, da gibt es doch schon eine Stadt, die deinen Namen trägt. Darin soll dein Dom stehen. In der Mitte des Saartales, in Dillingen, wo es so schön flach ist, behalte ich mir einen Platz für die größte Kirche des Landes vor. Sie wird einen besonderen Namen tragen."
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Bildnachweise:
Vorschaubild "Saardom in Dillingen"': Hans Herkes
Fotos im Text:
- St. Lutwinus in Mettlach: Urheber Felix König, Lizenz: CC BY 3.0. via Wikimedia Commons
- Warndtdom St. Paulinus: Hans Herkes
- Kapelle St. Oranna: Rita Dadder
Bildergalerie:
- Saardom und Warndtdom: Hans Herkes
- Köllertaler Dom: Rita Dadder
- Hochwalddom: Urheber Ssch, Lizenz: CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons (bearb.)
- Wendalinusbasilika: Urheber Lokilech, edited by tto, CC-BY-SA-3.0,via Wikimedia Commons