Ein Händler hatte große Bestellungen erhalten. Er rief Kamele und Nashörner zu sich und sagte: „Wenn ihr mir helft, die vielen Waren aus meinem Lager zu meinen Kunden zu bringen, werde ich euch zu einem reichlichen Mahl einladen. Es wird ein Fest sein, wie ihr noch keines erlebt habt".
„Wir sind es gewohnt, bei Hitze und Kälte schwere Lasten zu schleppen", sagten die Kamele und ließen sich von den Dienern des Kaufmanns die bestellten Waren auf den Rücken binden. Die Nashörner aber erklärten: „Wir sind zwar sehr stark und haben einen breiten Rücken, es entspricht aber nicht unserer Natur, uns etwas aufbinden zu lassen."
Geduldig trugen die Kamele die Waren des Kaufmanns zu seinen Kunden, bis dessen Lager gänzlich geräumt waren. Dann begaben sie sich zu dem Platz, auf dem der Kaufmann das versprochene Fest vorbereitet hatte. Als sie dort ankamen, saßen die Nashörner schon an den Tischen und bedienten sich reichlich mit den Speisen und Getränken. Für die Kamele blieb nur noch wenig übrig. Als sie sich darüber beschwerten, erwiderten die Nashörner ohne schlechtes Gewissen: „So ist die Natur. Arbeiten ist jedermanns Sache nicht, essen aber müssen wir alle."
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Entnommen dem Buch "Der verliebte Schwan und 35 weitere Fabeln" der aus dem Saarland stammenden Autoren Florian Russi (Text) und Jean Gies (Grafik).
mit freundlicher Genehmigung des Mitteldeutschen Verlags in Halle.