Fraulautern ist ein Stadtteil von Saarlouis, der rechts der Saar liegt. Dort wurde im 12. Jahrhundert ein Damenstift nach der Regel des hl. Augustinus gegründet, in das nur Töchter aus Adelsfamilien eintreten konnten. Das Stift erfreute sich während vieler Jahrhunderte eines guten Rufes und bestand bis zur Französischen Revolution. Es hatte großen Grundbesitz in den Dörfern an der mittleren Saar und darüber hinaus. Durch die Herrschaft Schwarzenholz besaß es die Reichsunmittelbarkeit. In kirchlichen Angelegenheiten unterstand es dem Erzbischof von Trier, lag jedoch nicht im Kurstaat, sondern im Herzogtum Lothringen und gehörte im 17. und 18. Jahrhundert zu Frankreich.
Dorthin, sozusagen an den äußersten Rand des französischen Königreiches und in die Obhut der Stiftsdamen wurde die Prinzessin von Soubise vom französischen König aus Versailles verbannt. Wahrscheinlich wohnte sie zunächst im Kloster, doch unterschied sich ihr Lebensstil zu sehr von dem der Stiftsdamen, so dass eine Trennung notwendig wurde. Die Prinzessin ließ sich ein eigenes Wohnhaus beim Kloster errichten, das heutige Torhaus, in dem sie Hof halten konnte.
Wer war die Verbannte, und aus welchem Grund musste sie Versailles verlassen?
Manche vermuteten, es habe sich um Anne-Julie de Rohan-Chabot Princesse de Soubise gehandelt. So liest man es auch in Georg Baltzerts Buch „Historische Notizen über die Stadt Saarlouis und deren unmittelbare Umgegend".
Ihre Mutter entstammte der Familie de Rohan, der Vater gehörte der in der Vendée begüterten Familie Chabot an, und durch ihre Ehe mit François de Rohan, Prince de Soubise erhielt sie den Titel einer Princesse de Soubise.
Während sie sich mit ihrer Mutter am französischen Hof aufhielt, wurde Ludwig XIV. auf die junge hübsche Prinzessin aufmerksam. Sie wurde für kurze Zeit seine maîtresse. Das war eben zu der Zeit, als der König sich von Madame de la Vallière ab- und Madame de Montespan zuwandte. Den damit verbundenen Intrigen könnte die Prinzessin von Soubise zum Opfer gefallen und vom Hof entfernt worden sein, wenn es sie denn war, die für einige Jahre den Hof von Versailles mit dem Damenstift in Fraulautern tauschen sollte.
Denn nach anderen Informationen war es eher Anna Viktoria Christina von Hessen-Rotenburg, deren Hochzeit mit Charles de Rohan, Prince de Soubise, im Jahr 1745 auf dem Schloss Rohan in Zabern (Saverne) gefeiert wurde. Das war damals die Residenz des Bischofs von Straßburg. Vier Angehörige der Familie Rohan waren im 18. Jahrhundert nacheinander Bischöfe von Straßburg. Wie nun Anna Viktoria sich am Hof Ludwigs XV. unbeliebt oder gar untragbar gemacht hat, so dass sie ihn verlassen musste, scheint nicht ganz eindeutig überliefert zu sein. Da ist die Rede von Geheimnisverrat, gar Spionage, auch von Flucht mit einem Liebhaber und Verhaftung an der Grenze.
Man sieht, die beiden Geschichten geben sich an Pikanterie nichts nach und reizen zum Weitererzählen, bis die Wahrheit vielleicht doch noch ans Licht kommt. Dann wird man endlich wissen, wer das Torhaus in Fraulautern erbauen ließ, mit dem der Name einer der großen Familien des ancien régime bis heute verbunden ist, ebenso wie mit einem Palast im Marais-Viertel in Paris, dem Hôtel Soubise, und der Ruine eines in der Revolution zerstörten Schlosses im Parc Soubise, einem Landstrich in der westfranzösischen Landschaft Vendée.
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Quellen:
- Lothar Fontaine, mündliche Hinweise
- Georg Baltzert, Historische Notizen über die Stadt Saarlouis und deren unmittelbare Umgegend. Queißer-Verlag 1979.
- Johann Heinrich Merck, Briefwechsel, herausgegeben von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs. Göttingen 2007.
Bilder:
- Vorschaubild "Prinzessin von Soubise vor dem Schloss Versailles". Bildmontage von Rita Dadder.
- Foto "Torhaus in Fraulautern": Florian Russi
- Anne-Julie de Rohan-Chabot, Princess de Soubise (unbek. Maler)
- Anna Victoria von Rohan, Prinzessin von Soubise, geb. Prinzessin von Hessen-Rheinfels-Rotenburg. Gemälde von Johann Heinrich Tischbein d. Ä.