In Wikipedia, der freien Enzyklopädie, findet man unter dem Suchbegriff: "Schloss Blieskastel" die folgenden Sätze: "... Der Lange Bau (die so genannte „Orangerie") ist der einzige im aufgehenden Mauerwerk erhalten gebliebene Rest der Schlossanlage (s. auch: Blieskastel). Er blieb der Überlieferung zufolge nur deshalb vom Abbruch verschont, weil man dem dortigen Gärtner die Möglichkeit lassen wollte, in dem zu einem Treibhaus umfunktionierten Gebäude weiterhin seinen Krapp zu trocknen..."¹
Das Wort „Krapp" ist laut Duden niederländischer Herkunft (niederländisch krap, mittelniederländisch crappe, eigentlich?= Haken, nach den hakenförmigen Stacheln; DUDEN Herkunftswörterbuch), was, wie wir noch sehen werden, durchaus logisch erscheint. Der wissenschaftliche Name dieser heute längst in Vergessenheit geratenen Pflanze (!) ist Rubia tinctorum L., eine Pflanzenart, welche die Botaniker zu der Ordnung Gentianales (Enziangewächse) zählen, deren Vertreter verbreitet alkaloid - oder glycosidreich sind und daher auch als Heil - und Arztneipflanzen genutzt werden. So gehören z. B., um nur ein paar Beispiele zu nennen, der einheimische Waldmeister (Galium odoratum) dazu, der tropische Chinarindenbaum (Chinin: Malariamittel und Geschmackstoff in Bitter Lemon und Tonic Water), der Kaffeestrauch( Coffea arabica) oder der im tropischen Afrika beheimatete Yohimbebaum (Pausinystalia yohimbe), der von der indigenen Bevölkerung schon seit langem als Aphrodisiakum und Potenzmittel eingesetzt wird.
Der im Färberkrapp enthaltene rote Farbstoff Alizerin gehört zu den ältesten Farbmittel der Menschheit (neben Indigo) und der Färberkrapp selbst mit zu den wichtigsten Handelsgütern zwischen Europa und Asien in früheren Jahrhunderten.
So finden sich älteste Nachweise von Krapp-Farbstoff (Alizarin) auf einem Gürtel im Grab von Pharao Tutenchamun (um 1337 v. Chr.). Hier und in Persien ist wohl auch die Wiege des Anbaus zu suchen. Bei den Römern wurde er ebenso zum Färben von Kleidung und Leder verwendet und löste das viel teurere Purpur der Purpurschnecke( Bolinus brandaris) vielfach ab. Durch die Römer kam dann der Krappanbau auch zu uns. Quellen belegen die Nutzung ab dem 5. Jahrhundert.
Hier, in Mitteleuropa, färbten dann im 15. Jahrhundert alle mit Krapp-Rot!
Hauptanbaugebiet waren die Niederlande (s. Wortherkunft), darüber hinaus wurde Krapp aber auch im Elsass (Hagenauer Röte) und in der Pfalz (Speyerer Rot) angebaut. Das herrliche Rot in den Elsässer Trachten wäre ohne Krapp nicht möglich gewesen. Hierbei spielte auch sicherlich das sogenannt „Türkischrot" eine wichtige Rolle. Türkische Einwanderer brachten diese komplizierte Färbemethode mit, die ein besonders feuriges und extrem lichtechtes Rot erzeugte.
Fassen wir zusammen: Krapp-Rot spielte vom 15. bis 19. Jahrhundert eine enorme Rolle in der Färbetechnik Mitteleuropas (noch im Jahre 1868 war Krapp im Werte von 25 Mio. Reichsmark im Handel), angebaut wurde Krapp in den Niederlanden, später in Frankreich, im Elsass und in der Pfalz.
Es scheint daher durchaus logisch, dass der Gärtner in den verlassenen Schlossgärten auch Krapp anbaute und, führt man den Gedankengang zu Ende, es erscheint durchaus plausibel, dass man dem „armen" Gärtner - gemäß dem Wahlspruch in der französischen Revolution: "Guerre aux châteaux! Paix aux chaumières!" (deutsch : Krieg den Palästen ! Friede den Hütten!) das (ruinöse?) Gebäude zum Trocknen seines Krapps überließ.
Somit halte ich die Aussage der Überlieferung, wie anfangs zitiert, auch nicht für abwegig, dass nämlich der Krappanbau eines unbekannten Gärtners die Orangerie vor der Zerstörung bewahrte.
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¹ Zitat aus Wikipedia-Artikel "Schloss Blieskastel"
Foto"Die sogenannte Orangerie in Blieskastel": Fredi Brabänder, mit freundlicher Genehmigung
Alle anderen Bilder sind gemeinfrei (gefunden bei Wikipedia/Wikimedia Commons)