Am 24. Juni gedachten die Menschen seit ewigen Zeiten dem Geburtstag Johannes des Täufers, der im Volksmund Johannistag genannt wird, moselfränkisch heißt er schlicht„Gehansdaach“. Er hatte früher für die Landwirtschaft eine große Bedeutung. Oft musste an diesem Tag die Pacht entrichtet werden, oder bis zu diesem Tag musste die Fronarbeit verrichtet sein oder er markierte einen anderen wichtigen bäuerlichen Termin. Es gibt aber auch unzählige Bauern- und Wetterregeln, die sich auf diesen Tag beziehen. Zwei Beispiele: „Am Johannistag die ersten Kirsch‘ nach Hause trag.“ oder „Vor Johanni bitt um Regen, nachher kommt er ungelegen.“ Heute hat der Tag in einer industrialisierten Landwirtschaft seine Bedeutung weitgehend verloren.
Ganz anders ist das bei unseren lothringischen Nachbarn in Sierck-les-Bains. Dort wird jedes Jahr am dritten Wochenende im Juni die Fête de Saint Jean als großes Volksfest gefeiert, das regelmäßig bis zu dreißigtausend Besucher anzieht, wie das zuständige Fremdenverkehrsamt stolz vermerkt.
Samstagabends beginnt das Fest auf dem Platz zwischen Hauptdurchgangsstraße, der Rue de L‘Europe und Bahndamm mit Getränkeständen, Grill- und Essensstationen und einem Jahrmarkt ähnlichem Kirmesrummel. Das ganze Städtchen ist toll herausgeputzt und voller Menschen, man könnte meinen, ganz Lothringen sei auf den Beinen. Überstrahlt wird der lang gezogene Ort von der hell beleuchteten, altehrwürdigen Burg, die sich Cháteau des Ducs de Lorraine nennt und an diesem Abend ebenfalls Ziel zahlreicher Besucher ist. Von dort aus kann man das Treiben in der Stadt und am Moselufer sowie den bei Dunkelheit beginnende Feuerzauber besonders gut beobachten.
Man knüpft an die uralte vorchristliche Tradition der Sommersonnenwende an und lässt ein Feuerrad vom Stromberg, der Sierck-les-Bains auf der anderen Seite der Mosel gegenüberliegt, ins Tal rollen. Da mittlerweile der Weg vom Berg zum dortigen Moselufer zugebaut ist, hat man sich eine Spezialität einfallen lassen. Das Feuerrad rollte den Stromberg bis zu einem bestimmten Punkt hinunter, von wo aus dann ein Feuerball, bestehend aus einem kugelartigen Drahtgestell, das mit Papier gefüllt ist und an einem Drahtseil hängt, den weiteren Weg in die Mosel zurücklegt. Bevor dieses Spektakel aber beginnt, wird ein grandioses Feuerwerk über der Mosel abgebrannt, das, untermalt von opulenter Musik, die Mosel bei Sierck-Les-Bains vor den Augen der zehntausenden von Zuschauern in eine grandiose Phantasiewelt verwandelt. Man denkt bei diesem Schauspiel unwillkürlich an „Rhein in Flammen“. Wer sich dann noch einen besonderen Luxus leisten möchte, der kann sich auf einem der Passagierschiffe, die dann vor Ort auf der Mosel liegen kulinarisch verwöhnen lassen und vom Wasser aus das wunderbare Spektakel genießen.
Am darauffolgenden Sonntag findet ein Umzug statt, der alles zeigt, was Lothringen zu bieten hat. Hier stehen besonders landwirtschaftliche Erzeugnisse im Vordergrund. Ach ja, ein Flohmarkt darf natürlich auch nicht fehlen, der zahlreiche Besucher aus Nah und Fern anlockt.
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Fotos: Ferdinand Luxenburger