Der Seffersbach trieb seiner Zeit alleine in Merzig acht Mühlen an, insgesamt gab der Bach bis zu 32 Wasserrädern samt den dazu gehörigen Mühlen Energie für ihren Betrieb, die die Bevölkerung in Merzig und Umgebung hauptsächlich mit Mehl und Öl versorgten. Heute ist davon in Merzig noch eine Mühle oder besser gesagt eine im frühen Industriezeitalter in eine mechanische Produktionsstätte mutierte Mühle zu bestaunen.
Die 1767 von Romanus Siegele und Matthias Gusenberger gegründete Öl- und Getreidemühle wurde 1927 von dem Uhrmacher- und Mechanikermeister Johann Peter Hartfuß übernommen, der in dem dreigeschossigen Gebäude eine feinmechanische Werkstatt einrichtete und betrieb.
Hartfuß war offenbar das, was wir heute einen Technikfreak nennen würden. So ist zu lesen, dass er schon 1897 die ersten „lebenden Bilder" (Film) vorführte und in Merzig jeweils der erste Besitzer eines Autos und eines Motorrades gewesen sein soll. Er hat das Uhrmacherhandwerk bei einem Meister Kolb in Trier erlernt und ist dann auf Wanderschaft gegangen. 1898 hat er in der Poststraße 4 in Merzig eine Uhrenreparaturwerkstätte eröffnet und gleichzeitig Uhren sowie Gold- und Silberwaren verkauft. Schon dort hat er angefangen, Spezialmaschinen für sein Gewerbe zu entwickeln und herzustellen, die er dann auch patentieren ließ. Das führte er dann in der Fellenbergmühle im größeren Stil weiter.
Dort hat er zur Verbesserung der Energieeffizienz, wie wir heute sagen, bereits 1929 das alte Mühlenrad durch eine von dem Ingenieur B. Francis in Amerika verbesserte Wasserturbine, der sogenannten "Francis-Turbine" ersetzt, denn es galt zahlreiche Maschinen im Wortsinn in Bewegung zu setzten.
In der kleinen aber feinen Manufaktur am Seffersbach produzierte nun Meister Hartfuß die von ihm entwickelten Werkzeuge, Geräte und Apparate für das Juwelier- und Uhrmachergewerbe. Dazu benötigte er ein umfangreiches Sortiment an Zerspanungsmaschinen wie Bohrmaschinen, Drehbänke, Fräs- und Hobelmaschinen und andere mehr.
Die Produkte der Hartfußchen Feinmechanik waren weltweit gefragt und erfreuten sich eines regen Absatzes, denn sie waren überall geschätzt wegen ihrer sprichwörtlichen Präzision, auf die der Mechanikus allergrößten Wert legte. Ein Highlight in der Produktionspallette war die 1931 von Johann Peter Hartfuß selbst entwickelte "Trauringgraviermaschine Cardan", auf die er auch ein Patent besaß. Sein Nachfolger, die Familie Gottfrois setzten die Produktionsreihe fort und erweiterten sie noch. 1973 wurde dann der Betrieb eingestellt und das Gebäude samt maschinellem Inventar verfiel in einen Dornröschenschlaf.
Nach einer längeren Renovierungsphase wurde 1997 das „Feinmechanische Museum Fellenbergmühle" eröffnet. Dem Besucher bietet sich eine komplett funktionsfähige Feinmechaniker-Werkstatt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Nach einer längeren Renovierungsphase wurde 1997 das „Feinmechanische Museum Fellenbergmühle" eröffnet. Dem Besucher bietet sich eine komplett funktionsfähige Feinmechaniker-Werkstatt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neben einer großen Anzahl funktionstüchtiger Maschinen auch deren Antriebssystem. Die Drehkraft, die die Francis-Turbine vom Wasser aufnimmt, wird über zahlreiche offen laufende Transmissionswellen und lederne Transmissionsriemen weitergeleitet, die dann die entsprechenden Maschinen zum Laufen bringen. Der Besucher hat den Eindruck, dass sie augenblicklich ihre Arbeit aufnehmen können. Dieses museale Kleinod in Merzig verdeutlicht eindrucksvoll, dass es an der Saar neben der übermächtigen Stahlindustrie hoch spezialisierte kleine Metallbetriebe gab, die die saarländische Industriegeschichte mitgeschrieben haben.
Das Museum wird zusätzlich für kulturelle Veranstaltungen wie Vorträge oder Ausstellungen in den oberen Räumen genutzt. Und da Trauringe schon immer eine wichtige Rolle gespielt haben, können Brautpaare sich in diesem originellen Ambiente die ihrigen überstreifen und sich standesamtlich trauen lassen.
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Quellen:
- Georg Bense, Saarbrücker Zeitung 16./17. Januar 2010
- J. H. Kell, Geschichte der Stadt Merzig und des Merziger Landes, 1958
Fotos: Ferdinand Luxenburger