Der Vater war für irdische Schätze zuständig, der Sohn für
unterirdische. Leopold Sello wurde am 25. Oktober 1785 in Potsdam als
Sohn des Königlichen Hofgärtners Johann Wilhelm Sello geboren und stieg
auf zum Chef aller preußischen Bergwerke an der Saar. Das Land war
nach dem Wiener Kongreß 1815 größtenteils Friedrich Wilhelm III.
zugefallen.
Leopold Sello war auch an der Saar ein Verfechter preußischer Tugenden: Von seinen Mitarbeitern verlangte er Disziplin und Loyalität zu König und Vaterland. Unsinnige Vorschriften bekämpfte er bis in höchste Stellen. Politischen Unruhen wie 1830 und 1848 versuchte er die Wucht zu nehmen, indem er sich u. a. dafür einsetzte, dass sich die Wohnbedingungen für die Bergarbeiter verbesserten. Der Potsdamer wurde rasch heimisch: 1821 heiratete er in Ondweiler die Tochter eines Hüttenherrn.
Sello wurde, so würde man heute sagen, Konzernchef, in einer Sparte, deren Stern gerade erst zu leuchten begann. Am 16. Mai 1816 trat er seinen Job in Saarbrücken an. Als „Bergmeister“ wird er Vorsitzender der „Königlichen Preußischen Bergamtskommission“. Nach dem Geologie-Studium in Berlin (1801 bis 1803) hatte er zunächst zahlreiche Bergbauregionen kennengelernt, war in Tarnowitz und Kupferberg (Schlesien), in Freiberg, im Harz und im Rheinland, aber auch in Belgien und Nordfrankreich. Die 18 saarländischen Kohlengruben, denen Sello nun Vorstand, die meisten in preußischem Staatsbesitz, beschäftigten über 1100 Arbeiter und förderten anfangs 90 000 Tonnen Kohle. Sello erkannte früh, dass es zur Steigerung des Absatzes leistungsfähiger Verkehrsverbindungen bedarf. Bisher beförderte man die Kohle auf dem Wasserweg und mit Pferdekarren. Sechs Rösser wurden vor die schweren Wagen, die eine Tonne aufnehmen konnten, gespannt. Die Fahrt war langwierig, und sie hinterließ tiefe Spuren. 1835 waren die Straßen von Saarbrücken nach Saargemünd und Luisenthal kaum noch zu benutzen, weil sie sechs bis acht Zoll tiefe Rillen hatten.
Die Eisenbahn wurde für Sello zum wichtigsten Verkehrsmittel. Noch vor 1820 ließ er die erste Bahnstrecke, 2,5 Kilometer lang, zwischen der Grube Bauernwald und dem Verladeplatz Luisenthal anlegen. Doch die aus Berlin gelieferte Lok gab nach der Probefahrt den Geist auf. So mussten erst Menschen, dann Pferde die Wagen ziehen. 1821 bekam die Trasse eiserne Flachschienen, 1825 wurde sie zweigleisig. Sello dachte an weitere Strecken, man kam aber nie über das Projekt hinaus.
Als sich Ende 1835 nach der Eröffnung der Linie zwischen Nürnberg und Fürth ein regelrechtes Eisenbahnfieber ausbreitete, witterte auch Sello Morgenluft. Am 26. Januar 1836 rief er ein Komitee ins Leben, dem führende Männer aus der Wirtschaft angehörten, um für eine Strecke Saarbrücken - Rheinschanze (heute: Ludwigshafen) Druck zu machen. Zwei Millionen Taler sollte sie kosten, 10 000 Aktien zu je 200 Taler wurden ausgegeben. Einige Wochen später war die Summe erbracht.
Aber noch elf Jahre sollte es dauern, bis der Bau begann, auf Staatskosten. Erst 1847 kam es zu einer Einigung zwischen Bayern und Preußen.
Beim Bahnbau beschäftigte Sello einige hundert Bergleute, für die es wegen einer Absatzkrise 1848 und 1849 keine Arbeit gab. Im Februar und März 1848 drängte Sello die zuständigen Regierungsstellen auf beschleunigten Beginn der Arbeiten. Er fühle sich nicht in der Lage, den derzeitigen Stand der Belegschaft noch länger als vier Wochen zu halten. Bei Entlassungen aber würde „für die Ruhe und Sicherheit der Kreise Saarbrücken und Ottweiler die ernstliche Besorgnis zu hegen sein“. Am 1. August 1850 fuhr der erste Kohlezug von der Grube Heinitz in die Pfalz. Im September wurde der Abschnitt Neunkirchen-Bexbach eröffnet. Und immer mehr Gruben gingen ans Netz.
Sellos Einsatz für die Bahn trug Früchte. Der Absatz wurde vervielfacht. So konnten allein in der Grube Friedrichsthal 1869 etwa 210 100 Tonnen Kohle abgebaut werden, 1850 waren es nur 14 200 Tonnen.
Neben seinen vielen wirtschaftlichen Bestrebungen ist Sello auch politisch aktiv: 1860 wird er Deputierter des preußischen Abgeordnetenhauses für die Kreise Saarbrücken-Ottweiler und St. Wendel. Hochbetagt stirbt er am 17. Mai 1874 in Saarbrücken.
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Bildnachweise:
- Vorschaubild: Leopold Sello (Porträtfoto). Saarberg, Zentrales Lichtbildarchiv
- Die erste Eisenbahn in Deutschland zwischen Nürnberg und Fürth. Lithographie vom Eröffnungstag, 7. Dezember 1835
- Eröffnungszug der Pfälzischen Ludwigsbahn in Bexbach 1849. Datum 4. Februar 2014. Quelle:www.saarpfalz-kreis.de