Der Saarländer unterscheidet die beiden Wörter linguistisch nicht, da es seiner Vorstellung nach: „Gebbt's kä rischdisch Feier ohne Feier!", weil, eine richtige Feier ohne das Feuer unter dem „Schwenker" (s. Artikel: Schwenkbraten) undenkbar ist. Bekanntlich liegt der Ursprung dieser Zubereitungsart in grauer Vorzeit irgendwo im Hunsrück, wo man jedoch vom „Schaukelbraten" spricht. Der Schwenker ist ein Homonym mit dreifacher Bedeutung: Das Gerät, das Fleisch und der Mann der es auflegt (Zitat: „Noch nie han isch e Fraa am Schwenker gesiehn!").
Die Saarländer, mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehend, hielten allerdings nichts von dem Begriff „Schaukelbraten", der nach „wackeln" klingt oder der eher zu einem Kinderspielzeug passt und nannten ihn daher "Schwenkbraten", denn ein saarländischer Schwenker steht wie eine Eins und wackelt nicht.
Überall wird geschwenkt und Nichtsaarländer haben den Eindruck, dass die Einheimischen in der „Schwenksaison" (1.Januar bis 31. Dezember) wie einst mittelalterliche Pilger von Fest zu Fest ziehen oder, wenn es passt (und es passt immer!): „Schwenke ma dehemm!" Der Schwenker ist wie der Lyoner ein „saarländischer Identitätsmythos"! Dies zeigt sich auch darin, dass es den „Taschenschwenker" gibt, den der reisende Saarländer mit sich führen kann, um bei Bedarf das „Hemmweh" zumindest mit heimatlicher Kost zu bekämpfen.
Dass dabei das Sprichwort „Hauptsach gudd gess!" beherzigt wird, hat Tradition. So kann man auf der Einkaufsliste der Grubenverwaltung beim „Bergfest" des Jahres 1898 der Grube König (Die Grube König ist ein ehemaliges Steinkohlebergwerk im saarländischen Neunkirchen) folgendes lesen: 1,5kg Ochsenfleisch, 1,5 kg Brot, 5 Liter Bier und 12 Zigarren- und zwar pro Mann!! der Belegschaft. Zwischen den Zeilen wird in dieser Aufstellung auch das saarländische Zitat erkennbar: „ De passende Wein zum Schwenkbroode is gudd gezapptes Pils!".Bei jüngeren Saarländern gilt dagegen eher:" E siewe Gänge-Menü isch e Schwenker un e Sixpägg!"
Übrigens: Das Bergfest hat auch den Spitznamen "Wambefeschd" und Quierschieder heißen z.B. im Volksmund auch „Quierschder Wambe".
Natürlich liegt auf einem saarländischen Rost nicht nur der Schwenker an sich, nein, der Saarländer ist bekanntlich auch bei solch rustikalen Genüssen ein „Gourmet" geblieben. Obligatorische gehört die „Roschdworschd" zu einem Grillfest dazu. Isst man im Freundeskreis zusammen, dann ist es auch erlaubt, diese auf dem Teller zu essen und nicht - wie üblich - in einem halben Doppelweck.
Falls nun bei der geneigten Leserin, dem geneigten Leser der Eindruck entsteht, dass der Saarländer kulinarisch auf dem Niveau eines Neandertalers stehe, der nach der Jagd am offenen Feuer seine Speisen zubereite, täuscht sich gewaltig! Wo in Deutschland findet man noch auf einem Grill z.B. die „ Saucisse de Toulouse" oder die Merguez ?
Gut, also hier für Nichtsaarländer: Die Merguez ist eine scharf gewürzte Bratwurst, die aus der maghrebinischen Küche stammt. Durch den Zuzug von „Pieds-noirs" nach Frankreich wurde sie dort populär und in der Folge natürlich auch im „Saargebiet". Ursprünglich nur aus Lammfleisch, besteht sie heute meist aus Lamm- und Schweinefleisch.
Lieferanten all der Köstlichkeiten, wie Lyoner, Saucisse, Merguez, Bratwurst und Schwenker, sind die Schlachthöfe im Herzen der Landeshauptstadt, die sich dort wie die Familien der Capulets und Montagues gegenüber stehen, nämlich die Firmen Schröder und Schwamm.
Dass das „richtige" Schwenken im Saarland „nix zum Lache isch" und hier Fehler gravierende politische Folgen nach sich ziehen können, verdeutlicht ein Zeitungsartikel vor der Landtagswahl im Jahr 2009:
Zur Vorgeschichte: Dem amtierenden Ministerpräsidenten, Peter Müller, war ein Missgeschick passiert. Sein Grill brannte und die Feuerwehr musste ausrücken. So was bleibt im Saarland nicht geheim und landete auf der 1.Seite der Saarbrücker Zeitung - so weit so schlecht.
Der wahre Skandal aber: Der Ministerpräsident hatte nicht geschwenkt, sondern einen Gasgrill benutzt!!!
„Um Himmels Wille, wo komme ma doo hin, wenn de erschde Mann im Saaland ned schwenkt!" so hallte der Aufschrei durchs gesamte Land. Oskar Lafontaine kommentierte das süffisant und fällte ein vernichtendes Urteil: „ Schon sein Vater konnte nicht schwenken!" Auf einer Wahlkampfveranstaltung analysierte er wie immer intellektuell brillant:„Mir brauche kenner, der net schwenke kann!".
Und in der Tat, die CDU verlor prompt ihre absolute Mehrheit und „schwenkte" als Folge auf eine sogenannte Jamaika-Koalition ein - ob das dann gefeiert wurde ist mir nicht bekannt.
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Bildquellen:
1. Typischer saarländischer "Schwenker": Dreibein mit einem Rost, der über dem Feuer aufgestellt wird. Schwenkbraten, Rostwürste, Lyoner werden so gegrillt. Die Bezeichnung "Schwenker" kommt daher, dass der Rost über dem Feuer, bzw. der Glut hin und her geschwenkt und gedreht wird. Autor:Do7vlr,CC-BY-SA 3.0
2. Saarländischer Taschenschwenker, via Wikimedia Commons. public domain
3. Merguez Wurst vom Grill, Benutzer: Thogru, via Wikimedia Commons.CC-BY-SA 3.0
4. Steak auf Grill, Autor : Jon Sullivan, via Wikimedia Commons. gemeinfrei