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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Iris Wiegand/Florian Russi

Katzenglück: mein 5. Geburtstag

Zum 5. Geburtstag nimmt dich das Kätzchen Tammi Taps mit auf ein spannendes Abenteuer und bringt dir so einiges bei, was dich jetzt schon auf die Schule vorbereitet. 

Die ehemalige Berg- und Hüttenschule in Geislautern

Die ehemalige Berg- und Hüttenschule in Geislautern

Hans Herkes

Was ist ein Masselgarten? Das habe ich mich als Kind gefragt, wenn auf der Strecke von Völklingen nach Großrosseln der Straßenbahnschaffner diese Haltestelle in Geislautern ausrief. Und was hat es auf sich mit dem Hammergraben? So hieß die nächste Haltestelle. Mein Vater hat mir viel über Geislautern, diesen Völklinger Stadtteil links der Saar, erzählt, denn er war in jungen Jahren sein Heimatort, aber nichts über den Masselgarten oder den Hammergraben. Warum die Straße, die wir hinaufgingen, wenn wir meine Tante besuchten, Schlossstraße hieß - sie heißt heute noch so, brauchte man mir nicht zu erklären, denn das Schloss stand ja da unter den hohen Bäumen auf der linken Seite der Straße. Im März 1945 ist es abgebrannt. Es wurde nicht wieder aufgebaut.
Gedenktafel
Gedenktafel

Geht man heute an der Stelle vorbei, entdeckt man am Pfosten rechts neben dem Tor zum Park eine gusseiserne Tafel. Darauf ist zu lesen:
„Von 1807 bis 1815 befand sich in diesem Haus die kaiserliche Bergschule der Saargruben. Direktoren waren J. B. Duhamel und L. Beaunier."
Dasselbe auf Französisch:
„De 1807 à 1815 ce bâtiment a abrité L'Ecole Pratique Impériale des Mines de la Sarre. J. P. Duhamel et L. Beaunier ayant été directeurs."

Der Bildteil der Platte zeigt das Saarbrücker Fürstenwappen und trägt die Jahreszahl 1733. Es ist der Abguss einer Ofen- oder Takenplatte, die in Geislautern gegossen wurde (in den Museen in Saarbrücken und Metz werden mehrere gezeigt), und erinnert an eine Zeit, in der es hier eine Kohlengrube, in der Nähe Erzgruben und eine Eisenhütte gab. Der Hammergraben war ein Kanal, der das Wasser der Rossel zur Hütte leitete, um die Blasbälge der Hochöfen, besonders aber die Hämmer zum Schmieden der Bleche und das Pochwerk zum Zerkleinern des Erzes anzutreiben. Dazu reichte das Wasser des Lauterbaches nicht aus. Masseln waren kleine Roheisenbarren, die bis zur Weiterverarbeitung oder zum Verkauf irgendwo gelagert wurden.

Eisenerz- und Kohlengruben gab es seit Jahrhunderten im Saarbrücker Land wie auch in der Nachbarschaft auf dem Gebiet des Klosters Wadgassen. Wenn man nun Eisenerz und Steinkohle sozusagen in einem Atemzug nennt, so denkt man unwillkürlich an die beiden typischen Industriezweige an der Saar und in Lothringen: den Bergbau und die Eisenindustrie, anders gesagt das Saarkohlenbecken und die lothringischen Erzlagerstätten. Die enge Verbindung zwischen beiden begann erst vor etwa 200 Jahren. Vorher hatte die Steinkohle so gut wie keine Bedeutung für die Industrie, wenn man die kleinen Produktionsstätten der damaligen Zeit überhaupt so nennen kann. Die Geislauterner Hütte verdankte ihre Entstehung wahrscheinlich den Erzvorkommen, dem Holzreichtum und der Möglichkeit, die Wasserkraft der Bäche zu nutzen, nicht der Steinkohle: in den Hochöfen verwendete man Holzkohle.

Holz wurde auch in anderen Industriezweigen als Brennstoff genutzt: Keramik, Glas. So war abzusehen, dass die nahen Wälder bald nicht mehr genug liefern konnten, Holz knapp wurde und sich verteuerte. Damit wären wir bei einer der Aufgaben, zu deren Bewältigung die Schule in Geislautern beitragen sollte: das Ersetzen der Holzkohle in der Eisenindustrie durch die Steinkohle, genauer gesagt, durch den aus Steinkohle gewonnenen Koks. Dazu waren nicht nur umfangreiche Studien und Versuche im Hüttenwesen nötig, man musste auch andere Methoden im Bergbau anwenden, damit man nicht nur, wie bis dahin üblich, die Kohle im einfachen Tage- und Stollenbau nahe an der Oberfläche gewann, sondern auch tiefer liegende Flöze mit Kohle von besserer Qualität fand, erforschte und abbaute. Dazu bedurfte es einer größeren Zahl von Fachleuten auf den verschiedensten Gebieten des Berg- und Hüttenwesens. Diese auszubilden sollte eine weitere Aufgabe der Schule sein.

Konnte eine nicht nur neu gegründete, sondern auch neuartige Schule, die nur acht Jahre bestand, und zwar in schwieriger Zeit, auf dem Weg zur Lösung solch schwieriger Aufgaben auch nur einen kleinen Schritt weiterkommen? Man wird es kaum für möglich halten. Im Dezember 1802 hatte Napoléon, damals noch Erster Konsul, angeordnet, in Frankreich zwei Bergbauschulen zu gründen, eine im Alpengebiet und eine im saarländischen Industriebezirk. So kam es zur Einrichtung der Ecole Pratique des Mines in Geislautern, wo sowohl eine Grube als auch eine Hütte in unmittelbarer Nähe Lehrern und Schülern als Versuchsfelder zur Verfügung standen und der Unterricht sich nicht auf die Vermittlung der Theorie in der Schulstube beschränken musste. Der Auftrag der Schule war es denn auch, durch das Erforschen neuer Arbeitsweisen den Gruben und Hütten der Umgebung Anregung zu geben für ihre eigene Weiterentwicklung.

Es gingen noch vier Jahre ins Land, bis die Schule am 1. Januar 1807 die Arbeit aufnehmen konnte. Die beiden Direktoren, J. B. Duhamel (1807 - 1813) und L. Beaunier (1813 - 1815) waren Fachleute, ersterer für den Bergbau, der zweite eher für die Hüttentechnik. Wie sehr Napoléon selbst am Erfolg der Geislauterner Schule interessiert war, mag man daran erkennen, dass er zweimal mit Verantwortlichen der Anstalt zusammentraf, das erste Mal 1804 in Trier mit Duhamel, dann wieder 1812 in Saarbrücken mit dem Ingenieur Calmelet und anderen, von denen er sich über den Fortgang des Werks berichten ließ.

Schloss Geislautern
Schloss Geislautern

Mit dem Bau des Schulgebäudes wurde 1808 begonnen. Geplant war ein zweistöckiger, dreiflügliger Bau, dessen Seitenflügel etwa 35 m lang werden sollten bei doppelter Länge des Verbindungsteiles. Dieser Mittelteil sollte die eigentlichen Schulräume aufnehmen, die beiden Seitenflügel waren für die Wohnungen der Lehrer und des Direktors vorgesehen. 1810 wurde der linke Flügel fertig. Die beiden anderen wurden nicht mehr gebaut. Wen wundert's, bedenkt man den Verlauf der napoleonischen Kriege. 1815 fiel das Land an der Saar an Preußen. Mögen Anregungen aus der kurzen Zeit des Bestehens der Ecole Pratique Impériale des Mines de la Sarre für die spätere industrielle Entwicklung des Saarbrücker Landes von Bedeutung gewesen sein, die Schule selbst wurde nicht weitergeführt. Der vollendete Seitenflügel, später Geislauterner Schloss genannt, überstand den 1870er Krieg und den Ersten Weltkrieg. Er fiel weder den Bomben noch dem Artilleriebeschuss im Zweiten Weltkrieg zum Opfer, sondern einem Feuer im März 1945, als die Amerikaner schon in Geislautern waren.

So unterschiedlich die Einschätzungen über die Bedeutung der Geislauterner Berg- und Hüttenschule ausfallen mögen, ein Werk, das dort entstanden ist, findet allgemeine Wertschätzung: es ist der Saargruben- oder auch Duhamel-Atlas. Das französische Original trägt den umständlicheren, aber auch genaueren Titel „Atlas des concessions du Terrain houillier de la Sarre par Beaunier et Calmelet, ingénieurs du Corps impérial des Mines." Das Kartenwerk gibt Auskunft über die Gruben, die am Anfang des 19. Jahrhunderts in Betrieb waren, so wie über die damals bekannten Kohlenvorkommen und die Einteilung der Konzessionsfelder. Es ist heute ein wertvolles historisches Dokument, das im Nationalarchiv in Paris aufbewahrt wird, war aber in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von praktischer Bedeutung für die Entwicklung des Bergbaus im Saarrevier. Kein Wunder, dass man sich um seinen Besitz stritt. 1815 wollten es die Franzosen nicht den Preußen überlassen, mussten es schließlich herausgeben. Der Atlas wurde nach Berlin gebracht. Nach dem Ersten Weltkrieg kam er wieder in französischen Besitz. Während der Besetzung der französischen Hauptstadt durch die deutsche Armee 1940 bis 1944 konnte der Atlas nicht aufgefunden werden. Im Archiv der Saarbergwerke gibt es ein Faksimile.

In der Nähe der Stelle, wo einst die Geislauterner Berg- und Hüttenschule stand, gibt es heute zwei allgemein bildende Schulen: das Warndtgymnasium und die Schlossparkschule. Letztere erinnert mit ihrem Namen an das 1945 abgebrannte Gebäude, das Geislauterner Schloss, und damit auch an die Ecole Pratique Impériale des Mines de la Sarre, die, vor mehr als 200 Jahren, von Napoléon gegründet, für kurze Zeit hier wirken konnte.
An den Kaiser der Franzosen ist in Geislautern noch eine andere Erinnerung lebendig. Auf dem Weg von Frankreich zur Großen Armee, die in Russland stand, sei er durch Geislautern gekommen, wird berichtet, und dort mit einer für die Saargegend typischen Mehlspeise versorgt worden, die er sehr genossen habe. Dieses denkwürdige Ereignis, von dem nichts in den Geschichtsbüchern steht, wohl aber in Karl Lohmeyers Buch „Die Sagen der Saar", habe der Straße, von der aus dem Kaiser die Köstlichkeit zugebracht worden sei, den Namen „Knödelgasse" eingetragen, in der Mundart des Dorfes „Gneedelgass". Die Einheimischen nennen sie heute noch so, doch ist in Geislautern niemand mehr in der Gneedelgass zu Hause, die Leute wohnen schon lange in der Warndtstraße.

 

*****

Quellen:
- Hans Peter Buchleitner, Völklingen. Vom Königshof zur Hüttenstadt, Stadtverwaltung Völklingen 1950
- Hans Peter Buchleitner, Die Berg- und Hüttenschule Geislautern (Saar) (1807 - 1815), 1952.
- Saarlandbilder.net: Jean-Baptist Duhamel; Geschichte des Ortes Geislautern; Geschichte der Eisenhütte Geislautern (von Nikolaus Schneider), Geschichte der Grube Geislautern (von Nikolaus Schneider).

Bildnachweise:
- Foto Gedenktafel: Hans Herkes
- Foto Schloss Geislautern: aus Hans Peter Buchleitner, Völklingen. Vom Königshof zur Hüttenstadt, Stadtverwaltung Völklingen 1950; mit freundlicher Genehmigung

 

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