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Saarbrücken

Die 99 besonderen Seiten der Stadt

Rita Dadder und Florian Russi

Saarbrücken, Landeshauptstadt des Saarlandes und unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze gelegen, ist eine Stadt mit vielen Reizen. Es hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Von Goethe wurde es besucht und beschrieben und von Kaiser Barbarossa teilweise zerstört. Heute ist Saarbrücken eine moderne Metropole mit Universität, Museen und vielfältiger Kultur. Hier lebt man nach der Devise: »Wir wissen, was gut ist«, ist gastfreundlich und lässt sich gerne »entdecken«.


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Gerhard Klein

Mecklenburg-Vorpommern-Skizzen

Die wundervollen detailreichen Skizzen Gerhard Kleins werden durch informative Kurztexte ergänzt. Bedeutende Sehenswürdigkeiten von Mecklenburg-Vorpommern sind in diesem Heft in liebevollen Bildern gesammelt. 

Wie Büdingen und Wellingen zu ihrer Banngrenze kamen

Wie Büdingen und Wellingen zu ihrer Banngrenze kamen

Ferdinand Luxenburger

Die Dörfer Büdingen, Wellingen und Weiler, die heute zu der saarländischen Kreisstadt Merzig gehören, sind schon seit über tausend Jahren eine Pfarrei. Das hatte früher eine große Bedeutung für die Menschen, denn man fühlte sich einander sehr verbunden. Um Büdingen und Wellingen herum liegen große Ackerflächen und entsprechend gab es dort, wie die Einheimischen sagten, „deck Bauern". Im Moselfränkischen meint der Ausdruck „deck" in diesem Fall nicht unbedingt die körperliche Fülle besagter Landwirte, sondern meint, dass die Bauern einen großen Hof mit ausgedehnten Ländereien und einem beachtlichen Viehbestand besitzen. Dass Besitzer besagter bedeutender Bauernhöfe auch oft eine üppige Körperfülle aufzuweisen hatten, war sozusagen natürlich.
In Weiler, dem dritten Dorf im Bunde, gab es jedenfalls keine „deck Bauern", denn das Dorf, das nach dem dreißigjährigen Krieg viele Jahrzehnte nicht bewohnt war, liegt in einem engen Tal mit nur wenig fruchtbarer Ackerfläche, dafür aber mit sumpfigen Wiesen in der Talsohle. Und wie der Name Weiler schon sagt, handelt es sich hier um eine ursprünglich nicht geschlossene Siedlungsform ohne zentrale Funktionen, wie etwa einer Kirche oder einem Gemeinschaftshaus. Dort wohnten auch, glaubt man den Erzählungen der Alten, neben Tagelöhnern vor allem die Knechte der Büdinger Bauern.
Für Büdingen und Wellingen, in denen es also wohlhabende oder wie die Leute sagten „deck Bauern" gab, spielte deshalb der Bann, wie die Gemarkung im moselfränkischen Sprachgebrauch heißt, schon immer eine große Rolle.
Noch heute erinnert das Wegekreuz zwischen den beiden Dörfern an den tapferen Meier aus Büdingen
Noch heute erinnert das Wegekreuz zwischen den beiden Dörfern an den tapferen Meier aus Büdingen

Der Sage nach hatten die beiden Dörfer seit alters her einen gemeinsamen Bann. Rivalitäten sollen nun dazu geführt haben, dass man eines Tages beschloss, diesen Umstand zu ändern, den gemeinsamen Bann zu teilen und eine Grenze festzulegen. Schnell war ein Verfahren gefunden, wie das zu geschehen hatte. An einem bestimmten Tag sollten vereinbarungsgemäß morgens in aller Frühe die beiden Meier, wie die Dorfvorsteher in früheren Zeiten hießen, beim ersten Hahnenschrei in Richtung des jeweils anderen Dorfes losgehen. Dort, wo sie sich träfen, sollte dann die Gemarkungsgrenze verlaufen.
Die Büdinger, die ihren Dorfvorsteher wegen seines dunklen Bartes Schwarzmeier nannten, gaben am Abend vor dem bedeutenden Ereignis ihrem auserkorenen Hahn ausgiebig zu fressen, denn sie glaubten, er würde dann früher den neuen Tag verkünden. Die Wellinger hingegen fütterten ihren Hahn überhaupt nicht, weil sie hofften, dass er morgens umso früher vom Hunger geweckt werde und deshalb zeitig krähen würde. 
Und tatsächlich, der Wellinger Hahn krähte schon in aller Herrgotts Frühe und ihr Dorfmeier, der Nemesfrund (Niemandes Freund) hieß, machte sich noch vor Sonnenaufgang geschwind auf den Weg nach Büdingen. Dort schlief der Hahn immer noch tief und fest und ist wahrscheinlich nur durch das aufgeregte Geplapper der Büdinger aufgewacht, als die Sonne bereits ihre ersten wärmenden Strahlen schickte. Der Langschläfer konnte sich aber erst zum Hahnenschrei aufraffen, als der Wellinger Meier bereits die „Hilt" herunterkam, wie die steile Anhöhe vor Büdingen auch heute noch heißt.
Schwarzmeier machte sich sofort auf den Weg, traf seinen Kollegen aber schon am Dorfausgang. Nemesfrund hatte nun Mitleid mit den Nachbarn. Allerdings wollte er auch das Erreichte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Er unterbreitete deshalb dem Meier aus Büdingen ein Angebot. Die Grenze sollte dort verlaufen, wohin er ihn tragen würde. Man muss nun wissen, dass Nemesfrund ein großer, kräftiger Mann und Schwarzmeier von eher hagerer Statur war. Aber was sollte der Büdinger tun? Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das Angebot anzunehmen.
Der schwächliche Büdinger lud also den schwergewichtigen Wellinger Meier auf die Schultern und trug ihn unter heftigem Keuschen und Stöhnen die steile „Hilt" hinauf. Und damit nicht genug. Er trug ihn sogar noch soweit, dass Nemesfrund sein Heimatdorf schon sehen konnte. Dort aber brach der schmächtige Mann unter seiner schweren Last entkräftet zusammen.

An dieser Stelle, an der nun die Grenze zwischen dem Büdinger und Wellinger Bann verläuft, steht noch heute ein Kreuz zur Erinnerung an die übermenschliche Tat des tapferen Schwarzmeier.

 

*****
Quelle: vgl.: Sagen und Geschichten des Kreises Merzig Wadern, herausgegeben von Matthias Enzweiler, Saarhölzbach 1955

Foto "Wegekreuz zwischen Büdingen und Wellingen": Ferdinand Luxenburger
Vorschaubild "Hahn": Rita Dadder

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